Zwei neue Plenarsäle im Norden

Landtagsprojekte in Schwerin und Hannover verzögerten sich, doch nun ist ihr Ende in Sicht

  • Hagen Jung, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Gleich zwei ehemalige Fürstensitze im Norden sollten in diesem Sommer zu Stätten festlichen Feierns werden: In Hannover hoffte Niedersachsens Landtag, noch zur sonnigen Jahreszeit in den neu gestalteten Sitzungsbereich am Leineschloss einziehen zu können, und ein Gleiches hatte sich Mecklenburg-Vorpommerns Parlament gewünscht: für den neuen Plenarsaal im Schweriner Schloss.

Doch die Zeitpläne beider Nachbarn scheiterten, und die Gründe dafür ähneln sich. Bei den Niedersachsen war es Ärger mit einer Baufirma, im Nordosten die Pleite eines Lüftungs- und Klimaplaners. Die Verzögerungen verteuern das Ganze: Niedersachsens Plenarprojekt wird statt der geplanten 53 wohl 58 Millionen Euro kosten, Mecklenburg-Vorpommerns Vorhaben statt 26 nun 30 Millionen Euro.

Mittlerweile aber können beide Landtagsverwaltungen guten Gewissens die Einladungen zur festlichen Eröffnung der Säle vorbereiten, gehen die Arbeiten dort doch derzeit ihrer Vollendung entgegen. Jedenfalls wurden in den Landeshauptstädten bereits Termine genannt.

In Schwerin wird im September gefeiert. Erst mit den am Bau beteiligten Menschen sowie mit Bürgerinnen und Bürgern - der Tag wird noch bekannt gegeben - sodann mit einem Kreis eingeladener Gäste am 26. September. Die Festrede zu diesem Anlass hält Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Tags darauf kommt das Parlament zu seiner ersten regulären Sitzung im neuen Plenarsaal zusammen, den Landtagsdirektor Armin Tebben dieser Tage der Presse präsentierte.

Nüchtern, funktionell, auf Arbeit ausgerichtet zeigt sich der großzügige, hohe Raum, in dem derzeit noch die Handwerker zu tun haben. Nur mit viel Fantasie lässt sich vorstellen, dass dies einmal der prächtige »Goldene Saal« gewesen war, der viele Festivitäten erlebte, beim verheerenden Brand des Schlosses im Dezember 1913 aber all seine Pracht verlor. Die DDR hatte den Saal wieder herrichten lassen, ohne Pomp, ohne Gold, mit Stuhlreihen. Von 1972 an diente er allerlei kulturellen und festlichen Anlässen, viele junge Menschen aus Schwerin und dem Umland haben dort ihre Jugendweihe erlebt.

Seit 2012 wird der Raum in ein zeitgemäßes Tagungsdomizil verwandelt, in dem nun bald die 71 Abgeordneten des Nordost-Parlaments debattieren. Saßen sie im alten Plenarsaal wie Schüler in althergebrachten Klassenzimmern dem Präsidium und den Ministern gegenüber, sind ihre Sessel nun kreisförmig angeordnet. Die Politiker haben künftig Blickkontakt zu ihrem Gegenüber, auch zu den Zwischenrufern, deren Bemerkungen bislang oft nur im Nacken des politischen Gegners landeten. Zudem hat der neue Saal im Gegensatz zum alten eine hervorragende Akustik. Auch Gezischel, wie es dann und wann nur von Stuhl zu Stuhl hörbar war, könnte künftig auch zu entfernteren Ohren gelangen.

Begrüßt wird die Verbesserung der Akustik gewiss auch von den Besuchern des Landtages. Sie können aus etwa fünf Metern Höhe von zwei Tribünen aus das Agieren der gewählten Volksvertreter gut sehen und hören.

In Hannover werden die Landtagsbesucher ein ähnliches Erlebnis erst im Spätherbst haben: Dort soll der neue Plenarbereich nach bisheriger Planung am 27. Oktober feierlich eröffnet werden; auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird dazu erwartet. Die erste Sitzung des Parlaments in der neuen Umgebung ist für den 21. November angesetzt.

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