Abgeordneteneinkünfte, Atomkraft und ACTA

Die Kampagnenthemen des Netzwerks Campact werden vielfältiger, die Zahl der Unterstützer wächst

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit seiner Gründung hat das Kampagnennetzwerk Campact oft für Aufsehen gesorgt. Der erste Coup war die Kampagne für transparentere Abgeordneteneinkünfte 2005. Auslöser waren Berichte, nach denen Bundestagsabgeordnete Geld von Konzernen wie RWE, Siemens oder VW erhalten hatten. Die Kampagne trug Früchte: Seit Juli 2007 können Nebeneinkünfte auf der Bundestagsseite eingesehen werden - zumindest in groben Stufen. 2013 wurden die Transparenzregeln weiter nachgebessert - auch auf Druck von Nichtregierungsorganisationen.

2006 mobilisierten die Kampagnenexperten Tausende Bürger gegen zu lasche Haftungsregeln beim Gentechnikgesetz und gegen das neue Urheberrecht, das auch die private Vervielfältigung von Musik und Filmen kriminalisierte.

Mehr als zehn Jahre vor dem aktuellen Dieselskandal richteten die Aktivisten bereits ihren Blick auf gesundheitsschädliche Abgase: Im Januar 2007 startete die Kampagne »Spritfresser stoppen!«. Damit sollten EU-weit verbindliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß von Neuwagen erreicht werden. 12 000 Menschen schickten innerhalb von fünf Tagen eine Protest-E-Mail, im Juni übergab das Netzwerk 32 000 Unterschriften für striktere Grenzwerte an den damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel.

In den nächsten Jahren folgten mehr oder weniger erfolgreiche Aktionen, unter anderem 2008 gegen das unter Beteiligung von RWE in Bulgarien geplante Atomkraftwerk Belene. RWE stieg 2009 aus dem Projekt aus, Umweltschutzorganisationen hatten ebenso wie Campact Druck gemacht, zudem gab es bei RWE intern Streitigkeiten. Bulgarien hat die Pläne inzwischen aufgegeben.

Gegen die Bahnprivatisierung gewann Campact 2008 über 11 000 Unterstützer, dann kam die Finanzkrise und spielte ihnen in die Hände - die Privatisierung wurde gestoppt. Vor der Bundestagswahl 2009 konzentrierte sich das Netzwerk auf den Atomausstieg, so organisierte es die Großdemo in Berlin mit. Im Jahr darauf unterstützte Campact die Großproteste gegen den geplanten Tiefbahnhof Stuttgart 21.

Seit fünf Jahren setzt sich Campact verstärkt gegen internationale Wirtschafts- und Handelsabkommen ein: 2012 richtete das Netzwerk einen Appell mit über 71 000 Unterschriften gegen das ACTA-Abkommen an Abgeordnete des EU-Parlamentes. Das Handelsabkommen sollte Standards gegen Urheberrechtsverletzungen etablieren. Das Parlament lehnte ACTA im Juli 2012 ab, einige Passagen fanden sich jedoch in Entwürfen für das EU-Kanada-Abkommen CETA wieder, das im September 2017 in Kraft treten soll.

Seit 2013 konzentrieren sich die Aktivisten auf das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA und sammelten rund 850 000 Unterschriften dagegen. Eine Europäische Bürgerinitiative, an der Campact beteiligt war, erreichte 1,3 Millionen Unterschriften. TTIP liegt seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump auf Eis. Auch am EU-Japan-Abkommen JEFTA gibt es Kritik, die sich in bisher 315 000 Unterstützerstimmen äußert. Gegen das Dienstleistungsabkommen TiSA macht Campact seit 2015 mobil.

Steigende Teilnehmerzahlen belegen die wachsende Bedeutung von Internetkampagnen: 80 000 Menschen unterzeichneten 2012 die Campact-Aktion gegen eine Ausbringung der Genmaissorte MON810, 169 000 Menschen setzten sich gegen unbezahlbare Haftpflichtversicherungen für Hebammen ein, die Kampagne gegen Datenschutzlücken im Melderecht erhielt innerhalb eines Tages 100 000 Stimmen. 2015 übergab Campact dann 335 000 Unterschriften für ein Gentechnikverbot.

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