Weil lässt Regierungserklärung von VW aufhübschen

Bericht: Konzern streicht »problematische Passagen« und fügt »positivere Formulierungen« ein / SPD-Politiker weist Vorwurf zurück

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Berlin. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat eine Regierungserklärung zur Abgas-Affäre vom VW-Konzern umschreiben lassen. Das berichtet die »Bild am Sonntag« unter Berufung auf ihr vorliegende Unterlagen. Demnach bekam der Autobauer die Rede, die der Sozialdemokrat Weil am 13. Oktober 2015 im niedersächsischen Landtag hielt, vorab zugeschickt. Redenschreiber des Vorstandes hätten den Text dann »aufgehübscht«. »Problematische Passagen« seien gestrichen und »positivere Formulierungen« eingefügt worden.

Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn, sagte an Weil gewandt im Kurzmeldungsdienst Twitter, »mag ja naiv klingen, aber: Kennen die denn überhaupt keine Scham mehr - so unverblümt, ohne jeden politischen Anstand?« Auch der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Dietmar Bartsch, reagierte empört. »Das schlägt dem Fass den Boden aus«, so Bartsch auf Twitter. Weil müsse nun als Ministerpräsident zurücktreten, die SPD brauche einen »neuen Spitzenkandidaten« für die Neuwahlen in Niedersachsen. Der CDU-Politiker Michael Fuchs reagierte ähnlich: »Wie peinlich ist das denn?«, twitterte er und sagte mit Blick auf den SPD-Fraktionschef im Bundestag: »Was sagt denn Her Oppermann dazu?«

Die VW-Mitarbeiter hätten den Text im Sinne des Konzerns umgeschrieben, heißt es in dem Bericht weiter. »Das war kein Faktencheck, wir haben die Rede umgeschrieben und weichgespült«, sagte ein namentlich nicht gennanter Mitarbeiter, der an dem Vorgang beteiligt war, der »BamS«. Auf Anfrage der »BamS« sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen: »Seitens des VW-Konzerns wurden einzelne Anregungen unterbreitet, ein Teil dieser Anregungen ist aufgegriffen worden.« Pörksen betonte demnach aber, an der »harten Kritik« an Volkswagen in der Rede habe sich dadurch nichts geändert. Laut Bericht stieß das Einschreiten des Autobauers selbst bei VW auf Widerstand. Ein Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung äußerte demnach »moralische Bedenken«: Volkswagen könne doch nicht eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten redigieren und verändern. Seine Sorgen habe er sogar schriftlich formuliert.

Weil sagte dagegen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, der Vorwurf, er habe seine Regierungserklärung von VW genehmigen oder nachbessern lassen, sei »schlichweg falsch«. Im Oktober 2015 habe wegen der Diesel-Affäre die Zukunft des VW-Konzerns auf dem Spiel gestanden, »nicht zuletzt auch wegen der schwierigen Verfahrenslage in den USA«. Das sei »mittelbar auch für das Land Niedersachsen von allergrößter Bedeutung« gewesen.

»Unter diesen Bedingungen war es richtig, dass ein von mir selbst geschriebener Entwurf einer Regierungserklärung VW zugeleitet wurde mit der ausschließlichen Bitte um Prüfung auf rechtliche Belange und Richtigkeit der genannten Fakten«, sagte Weil in dem Interview. Anschließend hätten er und seine Mitarbeiter zudem »sehr kritisch geprüft, welche Rückmeldungen von VW rechtliche Gründe hatten und wo Kritik abgemildert worden sollte«, fügte der SPD-Politiker hinzu. »Rechtliche Klarstellungen haben wir nachvollzogen, die Kritik ist drin geblieben. Was ich gesagt habe, war O-Ton Weil.«

Agenturen/nd

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