Von Lucky und Ötzi

Halbzeit beim Filmfest Locarno

  • Lesedauer: 3 Min.

Freude für das deutsche Kino am Lago Maggiore: Die Spielfilme »Freiheit« und »Drei Zinnen« haben in der ersten Halbzeit der 70. Ausgabe des Filmfestivals Locarno starke Akzente gesetzt. Auch sonst fällt die Bilanz bisher positiv aus; gute Filme und Starpower begeistern das Publikum.

Der deutsche Wettbewerbsbeitrag »Freiheit« von Jan Speckenbach mit Johanna Wokalek (»Die Päpstin«) zählt bereits jetzt zu den Favoriten für den Hauptpreis, den Goldenen Leoparden. In dem Familiendrama um eine Frau, die überraschend ihren Mann und ihre zwei Kinder verlässt, beeindruckt vor allem das Spiel von Hauptdarstellerin Johanna Wokalek.

Alexander Fehling (»Im Labyrinth des Schweigens«) und Regisseur Jan Zabeil erzielten ebenfalls einen Erfolg mit »Drei Zinnen«. Ihr Werk lief im Piazza-Programm und hat damit Chancen auf den Publikumspreis. Erzählt wird die packende Geschichte um einen Mann, der verzweifelt um die Zuneigung des Sohnes seiner Freundin kämpft.

Viele Beiträge des Festivals drehen sich um das Thema Familie. Im Wettbewerb gefiel dazu auch »Winterbrüder« vom isländischen Regisseur Hlynur Pálmason, der eine von Gewalt geprägte Geschichte um ein erwachsenes Bruderpaar in den Mittelpunkt stellt. Der Film beschreibt das Bild einer Gesellschaft, in der die menschliche Arbeitskraft immer weniger wert ist.

Der bisher am heftigsten bejubelte Wettbewerbsbeitrag ist allerdings »Lucky«, das Regiedebüt des US-Schauspielers John Carroll Lynch (»Jackie«). Der Film porträtiert mit Humor und Weisheit einen 90-Jährigen in einem tristen Provinz-Nest. Diesen Mann, Lucky genannt, spielt der 91-jährige Harry Dean Stanton, der in seiner langjährigen Karriere unter anderem mit Wim Wenders »Paris, Texas« drehte. Stantons Aura eines kauzigen Philosophen verleiht der melancholischen Komödie »Lucky« eine ganz eigene Magie. Viele erwarten, dass er die Ehrung als bester Schauspieler des Festivals erhalten wird.

Aus dem Programm der Freiluftaufführungen auf der Piazza Grande ragt bisher der Spielfilm »Lola Pater« (»Vater Lola«) von Regisseur Nadir Moknèche heraus. Die Französin Fanny Ardent (»Acht Frauen«) spielt mit Verve eine Frau, die einmal ein Mann war. Ihre Darstellung weitet die kleine Geschichte zu einem großen Plädoyer für Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensentwürfen aus.

Ardent, Wokalek, Fehling und Stanton sind bisher die herausragenden Akteure des Festivals. Sie beweisen, dass die Ausstrahlung exzellenter Schauspieler zu den entscheidenden Faktoren des Kinos gehört. Das bestätigten auch die Blitzlichtgewitter am roten Teppich, wo Stars wie Nastassja Kinski, Adrien Brody und Mathieu Kassovitz ebenfalls für Jubel sorgten.

Bis zum kommenden Samstagabend, wenn die Preise vergeben werden, sollen noch einige weitere Prominente kommen, zum Beispiel Glenn Close und Charlize Theron aus Hollywood. Aus Deutschland wird Jürgen Vogel zur Premiere von »Iceman« (»Der Mann aus dem Eis«) erwartet. Vogel spielt den etwa 5000 Jahre alten, 1991 im Tiroler Eis entdeckten »Ötzi«. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.