Briten sollen weiter zahlen
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sieht finanzielle Verpflichtungen
Berlin. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger geht davon aus, dass Großbritannien auch nach einem vollzogenen EU-Austritt noch bis »mindestens 2020« Beiträge nach Brüssel überweisen muss. Auch nach dem Austritt im Jahr 2019 müssten die Briten noch für langfristige Programme zahlen, die vor dem Brexit-Beschluss vereinbart wurden, sagte Oettinger am Montag der »Bild«-Zeitung. Daran seien sie gebunden.
»London wird also mindestens bis 2020 weiter Geld nach Brüssel überweisen müssen«, so Oettinger. Langfristig fehlten durch den Brexit zehn bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr im EU-Haushalt, sagte Oettinger. Das solle durch »einen Mix kompensiert werden, also durch Einsparungen und höhere Beiträge der Mitgliedsländer«. Auf Deutschland »könnte ein überschaubarer einstelliger Milliardenbetrag zusätzlich zukommen«, fügte der EU-Kommissar hinzu.
Zugleich sprach sich der CDU-Politiker dafür aus, »sämtliche Beitragsrabatte für EU-Staaten« abzuschaffen. Sie seien vor Jahrzehnten eingeführt worden, weil Großbritannien auf einem Rabatt bestanden habe. »Wenn diese 'Mutter aller Rabatte' durch den Brexit wegfällt, müssen auch alle anderen Beitragsvergünstigungen gestrichen werden«, forderte Oettinger. »Das wäre eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung und würde den bisherigen Kuhhandel bei Haushaltsverhandlungen beenden.«
Die EU verlangt von Großbritannien, eingegangene finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen - selbst über das Austrittsdatum Ende März 2019 hinaus. Bisher hat London aber noch nicht einmal grundsätzlich anerkannt, dass es zu solchen Zahlungen verpflichtet ist.
Im Streit um die Brexit-Rechnung gibt es weiterhin keine Annäherung zwischen London und Brüssel: Die Zeitung »Sunday Telegraph« hatte berichtet, die Regierung sei bereit, bis zu 40 Milliarden Euro an die EU zu zahlen. Zudem will London dem Bericht zufolge nur dann auf die finanziellen Forderungen der EU eingehen, wenn die Zahlungen Teil der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen sind. Die britische Regierung dementierte am Montag den Bericht. Allerdings wäre auch die genannte Summe deutlich weniger als von Brüssel verlangt.
Die im Juni begonnenen Brexit-Verhandlungen sollen einen reibungslosen Austritt Großbritanniens aus der EU ermöglichen. Am Ende soll ein Austrittsabkommen stehen. Die nächste Gesprächsrunde zwischen EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und dem britischen Brexit-Minister David Davis soll am 28. August in Brüssel starten. AFP/nd
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