Von Kroatien nach Kroatien
357 Millionen Euro teure Brücke an der Adria
»Das ist der Durchbruch!«, jubelt Ante Mlinaric in seinem kleinen Familienhotel in Ston an der südlichen kroatischen Adria. »Das gibt dem Tourismus Schwung!« Anlass seiner Euphorie ist eine neue Brücke. Weil das Nachbarland Bosnien-Herzegowina auf 23 Kilometern Länge bis an die Küste reicht und damit Kroatiens Territorium am Meer unterbricht, müssen Durchreisende viele Formalitäten über sich ergehen lassen. Kroatien ist Mitglied der EU, Bosnien ist es nicht. Lange Staus sind die Folge.
Die Brücke soll das ändern. Die EU-Kommission hat jetzt 357 Millionen Euro genehmigt - immerhin 85 Prozent der Gesamtkosten von 420 Millionen Euro. Damit werden die 2,4 Kilometer lange Brücke sowie 20 Kilometer Zu- und Abfahrten gebaut. Seit 20 Jahren schon wurde das Projekt geplant, zweimal bereits der Grundstein gelegt - doch die Bauarbeiten wurden, zuletzt 2010, aus Geldmangel wieder eingestellt. Wen man an der kroatischen Adria auch fragt, es wird nur in Superlativen geantwortet.
Warum die vergleichsweise kleine Brücke, die bis 2022 fertiggestellt werden soll, so große Bedeutung hat, ist schnell erklärt. Dalmatien, der Südteil Kroatiens mit der Urlauberhochburg Dubrovnik, ist seit der Eigenständigkeit Kroatiens 1991 vom großen Rest des Landes abgeschnitten. Denn zwischen Nord- und Südkroatien schiebt sich Bosnien-Herzegowina mit seinem Badeort Neum. Der nun in Angriff genommene Verkehrsweg überbrückt diesen Zwischenraum.
Er zweigt vor Erreichen der bosnischen Grenze beim Ort Komarna vom Festland ab und erreicht über das Meer die kroatische Halbinsel Peljesac bei Brijest. Von dort geht es zurück zur Festlandküste. Der verkehrstechnische Bremsklotz Bosnien ist damit umgangen. Bosnische Politiker waren jahrelang gegen die Brücke Sturm gelaufen, weil sie eine Einschränkung des Schiffsverkehrs und damit das Ende des ungehinderten Zugangs zum Meer fürchteten. Aber jetzt sollen auch große Schiffe die 55 Meter hohe Brücke passieren können.
Juristisch gilt ein zusammenhängendes Hoheitsgebiet als eine von drei Voraussetzungen für einen Staat. Das Staatsgebiet Kroatiens ist bisher aber zerstückelt. Und damit auch das Gebiet der EU, dessen Mitglied das Adrialand seit 2013 ist. Dies war wohl auch das Argument, mit dem Zagreb in Brüssel so viel Geld lockermachen konnte. Daneben zählte sicher noch der Wunsch des Landes, sich dem visafreien EU-Schengenraum anzuschließen. Für den wäre die Aus- und Wiedereinreise zwischen Kroatien und Bosnien auf so kurzer Strecke ein zusätzliches Sicherheitsproblem. dpa
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