Nordkorea-Krise: Gabriel warnt vor Atomkrieg

Aggressive Rhetorik mache Sorgen und Angst, «dass wir ähnlich wie im Ersten Weltkrieg schlafwandlerisch in einen Krieg hineinmarschieren

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Entebbe. Außenminister Sigmar Gabriel hat die scharfen Drohungen von US-Präsident Donald Trump an Nordkorea deutlich kritisiert und vor einem Atomkrieg gewarnt. Eine solche Rhetorik mache Sorgen und Angst, »dass wir ähnlich wie im Ersten Weltkrieg schlafwandlerisch in einen Krieg hineinmarschieren, bloß eben in diesem Fall in einen Krieg, der im Zweifel mit Atomwaffen geführt wird«, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im ugandischen Entebbe. Trump hatte am Dienstag gesagt, wenn Nordkorea seine Drohungen fortsetze, werde diesen »mit Feuer, Wut und ... Macht begegnet werden, wie es die Welt so noch niemals zuvor gesehen hat«.

Diese Äußerung habe zurecht viele Menschen erschreckt, sagte Gabriel. »Diese Art von Rhetorik, diese Schlagworte, diese aggressive Sprache kommen von einem demokratisch gewählten Präsidenten der sozusagen in der gleichen Manier antwortet, wie bislang wir es vom nordkoreanischen Führer gehört haben«, sagte Gabriel. Man dürfe auf nordkoreanische Drohungen nicht »mit der gleichen aggressiven Rhetorik« reagieren und damit die Eskalationsschraube immer weiter drehen.

Zwischen Washington und Pjöngjang war ein heftiges Wortgefecht über das nordkoreanische Atomprogramm ausgebrochen, in dem der Ton zuletzt immer rauer wurde. Nordkorea konterte die Äußerungen Trumps mit der Androhung eines Raketenangriff auf das US-Überseegebiet Guam im Pazifik.

Gabriel verwies darauf, dass US-Verteidigungsminister James Mattis gesagt habe, ein Krieg mit Nordkorea werde zu so vielen Opfern führen würde wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Bei einem Angriff würden die Nordkoreaner im Zweifel immer noch die Möglichkeit haben, Städte wie die südkoreanische Millionenmetropole Seoul in Schutt und Asche zu legen.

»Deswegen muss man große Sorgen haben um die Sicherheit in der Region«, sagte Gabriel. »Ich kann nur hoffen, dass sich diejenigen in den Vereinigten Staaten durchsetzen, die mit einem kühlen Kopf an eine zugegebenermaßen schwierige Frage herangehen und nicht mit den Emotionen und der Aggressivität, die wir gestern erlebt haben.«

USA und Nordkorea setzen Säbelrasseln im Atomstreit fort

Trotz internationaler Warnungen vor einer militärischen Eskalation des Konflikts setzen die USA und Nordkorea ihre Kriegsrhetorik fort. US-Verteidigungsminister James Mattis warnte Pjöngjang, vor allen »Aktivitäten, die zum Ende des Regimes und zur Vernichtung seines Volkes führen würden«. Nordkorea erklärte seinerseits am Donnerstag, US-Präsident Donald Trump verstehe nur »absolute Stärke« und präzisierte die Pläne für einen Raketenangriff nahe dem US-Außenposten Guam im Pazifik.

Nordkorea sei den USA und ihren Verbündeten militärisch deutlich unterlegen, erklärte Mattis am Mittwoch (Ortszeit). Er rief die Regierung in Pjöngjang auf, ihr Programm zur Entwicklung atomarer Waffen aufzugeben.

Trump hatte zuvor auf Twitter betont, das Nuklearwaffenarsenal der Vereinigten Staaten sei »schlagkräftiger als je zuvor«. US-Außenminister Rex Tillerson hingegen sagte am Mittwoch, es gehe »keine unmittelbare Bedrohung« von Nordkorea aus. Eine Sprecherin seines Ministeriums war danach um Erklärungen bemüht. »Wir sprechen alle mit einer Stimme«, sagte sie.

Nordkorea erklärte am Donnerstag, mit den USA sei kein »vernünftiger Dialog« möglich, da Trump »bar jeder Vernunft« sei. Bei ihm helfe nur »absolute Stärke«, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur KCNA den General Kim Rak Gyom. Demnach werde die Koreanische Volksarmee Staatschef Kim Jong Un Mitte August einen detaillierten Plan für eine »deutliche Warnung an die USA« vorlegen.

Der Plan beinhalte den Flug von vier Raketen über Japan, die nach gut 17 Minuten Flugzeit rund 30 bis 40 Kilometer von der Pazifikinsel Guam entfernt im Meer aufschlagen sollten, sagte General Kim. Die Drohungen Trumps, Nordkorea mit »Feuer und Wut« zu überziehen, nannte er »eine Menge Unsinn«.

Die japanische Regierung erklärte unterdessen, Provokationen aus Nordkorea »niemals zu tolerieren«. Die jüngsten Pläne Pjöngjangs würden nicht nur Japan, sondern auch die Sicherheit der internationalen Gemeinschaft bedrohen, erklärte ein Sprecher am Donnerstag in Tokio.

Japan hat bereits mehrfach damit gedroht, nordkoreanische Raketen abzuschießen. Japan und die USA würden ihre Politik eng abstimmen, sagte der Sprecher und verwies auf ein Treffen der Außen- und Verteidigungsminister beider Länder am 17. August.

Pjöngjang treibt trotz internationaler Sanktionen sein Raketen- und Atomwaffenprogramm seit Jahren voran. Im Juli testete Nordkorea zwei Interkontinentalraketen, mit denen das Land nach Einschätzung von Experten das US-Festland treffen könnte. Der UN-Sicherheitsrat hatte erst am Samstag die Strafmaßnahmen gegen Nordkorea verschärft, um Pjöngjang zum Einlenken zu bewegen.

Zu weiteren Spannungen zwischen den USA und Nordkorea könnte es um den 21. August kommen, wenn erneut gemeinsame Manöver der USA und Südkoreas starten. Agenturen/nd

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