Gefährliche Geschenke
Schleswig-Holstein will Wohncontainer loswerden
Das Land Schleswig-Holstein gibt gratis Container für gemeinnützige Aufgaben ab, die nach rückläufigen Flüchtlingszahlen nicht mehr für entsprechende Unterbringungszwecke benötigt werden. Was zunächst verlockend geklungen hat, beschert nun aber Verdruss.
Das Land stellt seit einem halben Jahr die in der Regel sechs mal zweieinhalb Meter großen Container kostenlos zur Verfügung, will jetzt kein Geld haben, wofür insbesondere 2015 noch teuer bezahlt wurde. Seitens des Finanzministeriums hieß es zum Start der Verteilaktion, für die Interessenten entstünden keine Anschaffungskosten. Sie müssten hingegen selbst für die Abholung sorgen, die Aufstellung und Einrichtung (z.B. Strom- und Wasseranschlüsse herstellen) betreiben und die Folgekosten tragen. Für die rund 1100 Gratis-Container gab es rasch über 10 000 Anfragen. Doch das großzügige Angebot hat einen Haken, auf den der Spender quasi nur im Kleingedruckten hinweist. Etliche Container-Typen erfüllen nämlich nicht die nötigen Brandschutzkriterien. Für eine Nutzung muss erst nachgerüstet werden.
Diese Erfahrungen machen zum Beispiel die Berufsfeuerwehr Neumünster und der Schulverband Horstedt in Nordfriesland. Die Feuerwehr hat sich 16 Modulbauten beschafft, hatte vor, diese als Umkleideräume für die Jugendwehr zu nutzen. Der Schulverband organisierte sich zwei Container, die für den Werkunterricht vorgesehen sind. In beiden Fällen ist einer Nutzung aber ein Riegel durch die Landesbauordnung vorgeschoben, weil es keinen ausreichenden Brandschutz und Mängel bei der Standsicherheit gibt.
Aus der ganzen Welt hatte das für das Finanzministerium tätige Gebäudemanagement Schleswig-Holstein während des hohen Flüchtlingszuzugs Container-Baureihen zusammengekauft - für 8000 bis 10 000 Euro das Stück. Insgesamt waren es 2015 über 4200. Das kostete das Land 49 Millionen Euro. Ob die Wohncontainer gegen Schnee- und Windlasten gewappnet waren, spielte offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Inzwischen ist auch von Billig-Containern aus der Türkei oder Tschechien die Rede. Der Markt für Container war seinerzeit leergefegt, die Nachfrage riesig, die Preise schossen in die Höhe, lange Wartezeiten bis zur Lieferung nicht ungewöhnlich.
Dass nun ausgerechnet der Brandschutz ins Feld geführt wird, sorgt für Diskussionen, denn immerhin sind in besagten Containern mit minderem Standard Flüchtlinge untergebracht worden oder zumindest wurde dies erwogen. Kritiker fragen, warum in puncto Sicherheit Unterschiede zwischen Flüchtlingen und anderen Nutzergruppen gemacht werden, nennen diese Betrachtungsweise zynisch.
Unterdessen sitzt das Land auch auf viel Inventargegenständen und Mobiliar herum, das ursprünglich einmal für Flüchtlingsunterkünfte gedacht war, darunter über 17 000 Matratzen und 6000 Doppelstockbetten aus Metall. Mehrere Hallen in der ehemaligen Kaserne in Boostedt (Kreis Segeberg) sind damit randvoll gefüllt. Es wird versucht, all das zu verkaufen. Die Etagenbetten für 70 Euro das Stück erweisen sich dabei als Ladenhüter.
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