Abtritt nach widerlichen Wünschen

Schwerin: Landtagsfraktionsvize der AfD soll Gewaltfantasien gepostet haben

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Geschlechtsverkehr mit zehnjährigen Kindern auf einer Hüpfburg, eine Frau »vom wilden Schimpansen brutal vergewaltigen lassen«: Holger Arppe, 2016 erstmals als AfD-Abgeordneter in Mecklenburg-Vorpommerns Landtag eingezogen, soll 2011 und 2012 derartige Fantasien im sozialen Netzwerk Facebook abgesondert haben. Das berichten NDR und die Berliner »Tageszeitung« (taz); sie berufen sich dabei auf anonym übermittelte Chat-Protokolle.

Arppe indes betont in der Online-Ausgabe der neurechten Zeitung »Junge Freiheit«, von den ihm »unterstellten Äußerungen« distanziere er sich ganz klar. Partei und Fraktion habe er verlassen, um Schaden von der AfD abzuwenden. Sein Mandat aber will er offenbar behalten, das heißt: Er ist nach wie vor Landtagsabgeordneter mit Wort und Stimme.

Die Arppe belastenden Chat-Protokolle aus einer privaten Facebook-Präsenz umfassen laut NDR mehrere Tausend Seiten. »Rot-grünes Geschmeiß«, so zitieren die Rundfunkleute daraus, wollte Arppe 2015 »auf dem Schafott« sehen, politische Gegner »an die Wand stellen«, also erschießen lassen, dann »in die Grube« werfen und »Löschkalk drüber streuen«. Und kannibalistisch anmutende Gedanken habe der als rechtsnational geltende Mann getextet, als er 2012 postete: Zu einem Besäufnis könne man einen »Stricher« einladen, ihn vergewaltigen und dann dessen »Leiche aufessen«.

In einem weiteren Chat soll Arppe 2015 geschrieben haben: »Ich habe jetzt eine Vision: Wenn es hier in Deutschland gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidsstaat haben wie damals in Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach hielten?«

Sogar die eigene Partei, so die Protokolle, habe Arppe mit Schmähungen attackiert, habe sowohl den AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland als auch den Fraktionschef im Schweriner Landtag, Leif-Erik Holm, als »Arschloch« beleidigt. Und mit Blick auf die stellvertretende AfD-Bundeschefin Beatrix von Storch soll Arppe gehämt haben, sie »hätte auch mal ein Mann gewesen sein können«.

Auch seine Nähe zur rechtsextremen »Identitären Bewegung« lasse sich aus den Chats herauslesen, heißt es. Einen führenden Mann dieser Truppe habe Arppe 2015 gebeten, ihm Ordner für eine Demonstration zur Verfügung zu stellen. »Wir brauchen noch ein paar ordentliche Nazis als Freiwillige«, zitiert der NDR aus seinen Unterlagen.

Im selben Jahr, besagt der Bericht weiter, habe Arppe Sympathie für jenen Rostocker bekundet, der laut Bundesanwaltschaft der Vorbereitung einer »schwere staatsgefährdende Straftat« verdächtig ist und dessen Haus vor wenigen Tagen durchsucht worden war. Über diesen Mann hat Arppe laut NDR gegenüber Gesinnungsgenossen geäußert: »Der Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.«

Schockiert sei er, sagte AfD-Landtagschef Holm angesichts der Chat-Zitate. Sie seien ekelerregend und haarsträubend. SPD und CDU fordern, Arppe möge sein Landtagsmandat zurückgeben, und Peter Ritter von der Linksfraktion stellt die Frage in den Raum, »wie viel Arppe noch in der AfD steckt«. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach gegenüber der Schweriner Volkszeitung von »widerwärtige Aussagen«, die viel darüber verrieten, wie zumindest Teile der Rechtspartei denken. »Ich hoffe, dass jetzt wirklich alle erkennen, welcher Geist in der AfD herrscht«, bekräftigte die Regierungschefin.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Arppe aufgefordert, seinen Sitz im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung aufzugeben. Wer Rassismus, Hass und Gewaltaufrufe verbreite, gehöre nicht in ein solches Gremium, »sondern vor einen Richter«, so Ingo Schlüter, stellvertretender Vorsitzender des DGB Nord. Der aktuelle Fall sei »nur die Spitze des braunen Eisbergs in der AfD«. Auch deren Landtagsabgeordneter Ralph Weber möge das Kuratorium der Bildungszentrale verlassen, fordert Schlüter und erinnert daran, dass der Politiker den Kniefall Willy Brandts 1970 in Warschau als »Verrat an unserer historischen Heimat« bezeichnet hatte. Die AfD zeige immer wieder, dass sie nicht gewillt sei, aus den Verbrechen des NS-Regimes zu lernen, meint der Gewerkschafter. Kommentar Seite 4

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