Suu Kyi macht »Terroristen« für Gewalt verantwortlich
123.000 Rohingya fliehen aus Myanmar nach Bangladesch / UN-Generalsekretär warnt vor ethnischer Säuberung
Rangun. Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi hat die Verantwortung für die Gewaltausbrüche im Westen des Landes zurückgewiesen. Der Konflikt mit der Rohingya-Minderheit im Rakhine-Staat werde durch einen »riesigen Eisberg von Fehlinformationen« verzerrt dargestellt, erklärte die Friedensnobelpreisträgerin am Dienstag auf Facebook.
Es zirkulierten »Fake News Fotos«, die irgendwo in der Welt und nicht in Myanmar aufgenommen worden seien, schrieb sie weiter. Ziel der falschen Informationen sei es, »die Interessen von Terroristen zu unterstützen«. Laut Facebook-Post hatte Suu Kyi zuvor mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Telefon über die Situation im Rakhine-Staat gesprochen.
Ende August war in Myanmar eine neue Gewaltwelle entflammt. Nach Angaben der UN-Agentur »Internationale Organisation für Migration« (IOM) flohen seit dem 25. August mindestens 123.000 verzweifelte Angehörige der muslimischen Minderheit Rohingya nach Bangladesch. Geflohene berichteten laut IOM von Gräueltaten der Sicherheitskräfte Myanmars. Soldaten hätten Feuer in Dörfern gelegt und Angehörige der Rohingya verbrannt oder auf andere Weise getötet.
Menschenrechtler warfen der EU und den USA angesichts der Tragödie Untätigkeit vor. Inzwischen hat die Europäische Union die Gewalt gegen die Rohingya verurteilt. Auch die Kritik an Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi wurde immer lauter. Die UN, Papst Franziskus und Menschenrechtler weltweit forderten ein Eingreifen Suu Kyis. Die »Gesellschaft für bedrohte Völker« warf Suu Kyi Totalversagen vor.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte am Dienstag in New York gesagt, die Rohingyas seien von dem »Risiko einer ethnischen Säuberung bedroht«. Das UNHCR warnte, die Flüchtlingscamps in Bangladesch seien voll. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration brauchen Hilfsorganisationen dringend Geld, um die Ankömmlinge zu versorgen.
Im Rakhine-Staat gibt es seit 2012 immer wieder Pogrome gegen die Rohingya. Die Behörden im überwiegend buddhistischen Myanmar verweigern der muslimischen Volksgruppe den Status als Minderheit und die Bürgerrechte. Der Konflikt war erneut aufgeflammt, nachdem sich am 25. August eine Rohingya-Miliz zu Angriffen auf Polizei- und Armeeposten bekannt hatte.
Mindestens elf Boote mit Rohingya-Flüchtlingen sind am Mittwoch bei der Überfahrt von Myanmar nach Bangladesch in dem Grenzfluss Naf gekentert. Dabei ertranken mindestens acht Menschen, wie die Polizei auf bangladeschischer Seite mitteilte. An Bord jedes Bootes waren nach Angaben eines örtlichen Behördensprechers mindestens 25 Passagiere. Einige von ihnen seien an Land geschwommen, aber viele würden noch vermisst. Agenturen/nd
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