Wenn Religion nichts Trennendes wäre

Ein Bundestagskandidat und eine Bundestagsabgeordnete sprachen über den Islam, Islamkritik und Integration

  • Felix von Rautenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Kann Religion bei Migration und Integration helfen?« Zur Diskussion über diese Frage war Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime Deutschlands, angekündigt. Doch der hatte kurzfristig absagen müssen, weil sich sein Flug verspätete, wie es hieß. So sprach im Dienstagabend im Schloss Königs Wusterhausen zunächst der Bundestagskandidat Carsten Preuß. Er diskutierte später mit der dann dazugestoßenen Bundestagsabgeordneten Christine Buchholz (LINKE).

»Bei uns in Zossen haben wir ein Erstaufnahmelager für Geflüchtete und leider sehr wenige Mittel. Die meiste Arbeit dort übernimmt das Ehrenamt«, sagte Carsten Preuß. Er ist Stadtverordneter in Zossen, engagierte sich bei der Bürgerinitiative »Zossen zeigt Gesicht« und kandidiert nun als Parteiloser im brandenburgischen Bundestagswahlkreis 62 für die LINKE. Favoritin dort ist sicherlich die Bundestagsabgeordnete Jana Schimke (CDU). Für die SPD tritt die Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann an. Jeweils einen Direktkandidaten aufgestellt haben auch die Grünen, die AfD, die FDP, die Freien Wähler, die DKP und die Piraten.

»Um eine bessere Integration ermöglichen zu können, brauchen wir mehr Geld in der öffentlichen Hand«, meint Preuß, der selbst eine afghanische Familie betreut hatte. In Brandenburg fehle es an Strukturen, die eine gute Integration ermöglichen. »Das beginnt bei den Institutionen und endet bei den finanziellen Mitteln«, sagte Preuß. Nach seiner Erfahrung erschwert die fehlende Kommunikation zwischen Ämtern und Asylheimen oft die Integration der Betroffenen. Diese Lehrstellen würden dann vor allem durch ehrenamtliche Helfer ausgefüllt. »Beispielsweise wollten wir für die Kinder aus dem Erstaufnahmelager einen Ausflug organisieren. Die Mittel dafür waren nicht vorhanden. Das Geld haben wir schließlich über Spenden durch die Kirchengemeinden organisiert«, erzählte Preuß.

Zur Rolle, die die Religionsgemeinschaften bei der Integration spielen, sagte Christine Buchholz: »Die erste Frage, die man sich bei der Integration stellen muss, ist, wie kommen die Leute in Kontakt?« Das sei zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften oft einfacher, als auf der Straße. Der Glaube verheiße durch Nächstenliebe immer auch Solidarität. Ein Großteil der Flüchtlingshilfe wird über Kirchengemeinden organisiert, die Sprachkurse und Fahrten anbieten und Kleiderspenden sammeln. Es machen dabei dann aber auch viele Atheisten mit.

In der Diskussion wurde Christine Buchholz von einem jungen Syrer befragt, warum die Flüchtlinge immer über ihre Religion definiert werden. Buchholz antwortete: »Religionskritik ist in den Medien leider immer nur Islamkritik.« Das Beharren auf vermeintlich westlichen Werten behindere die Integration und die gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten. Als Beispiel dafür verwies sie auf einen Fall aus Brandenburg: »In Luckenwalde wurde das Gerichtsverfahren einer syrischen Frau nicht zugelassen, nur weil sie ein Kopftuch trug. Das ist Ausdruck einer solchen, negativen Entwicklung. Der Islam wird in den Medien leider zu über 70 Prozent negativ dargestellt.« Das Gericht signalisierte in diesem Fall inzwischen ein Einlenken. Die muslimische Frau darf demnach doch mit Kopftuch zu ihrem Scheidungsprozess erscheinen.

Carsten Preuß sagte zum Abschluss: »Ich bin evangelisch und sehe eher viele Übereinstimmungen zwischen den Religionen. Diese sollte eher als ein Mittel verstanden werden, dass die Menschen zusammenbringt, anstatt sie voneinander zu trennen.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.