Dem Land fehlen Ärzte und Pfleger
LINKE: Die Hälfte der Brandenburger ist mit der medizinischen Versorgung nicht zufrieden
Mit der medizinischen Versorgung im Land Brandenburg ist die Hälfte der Bürger nicht zufrieden. Das bestätigte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Bettina Fortunato, am Dienstag in Potsdam auf Nachfrage. Die Abgeordnete präsentierte bei dieser Gelegenheit Eindrück der diesjährigen Sozialtour, mit der die Fraktion in den vergangenen Wochen im Land unterwegs war.
Der Eindruck von Pflegeunternehmen, dass die Politik angesichts des offenkundigen Pflegenotstands zwar laufend Befunde fordere, aber wenig oder gar nichts zu dessen Behebung unternehme, stimme »teils, teils«, erklärte Fortunato. Ein Befund nach den Befragungen bei der genannten Sommertour sei aber auch, dass zwei Drittel der zu pflegenden Personen eine positive Entwicklung auf diesem Gebiet wahrnehmen und ebenfalls zwei Drittel mit weiteren Verbesserungen in der Zukunft rechnen. Doch angesichts der festgestellten Defizite stellte die Abgeordnete klar: »Wir wollen eine andere gesundheitliche Versorgung auf dem Land.«
LINKE-Fraktionschef Ralf Christoffers bezeichnete den Zustand im Ärzte- und Pflegebereich in Brandenburg als »nicht die Morgenröte der Entwicklung«. Er sprach sich unter anderem für die Unterstützung von Ärzte-Netzwerken und anderen kooperative Instrumenten aus. »Die Anstrengungen brauchen lange Zeit, bis Veränderungen eintreten«, so Christoffers weiter.
Fortunato schilderte als positives Beispiel das Ärztenetzwerk in Elsterwerda (Elbe-Elster), dem es sogar gelungen sei, die dringend benötigte Stelle eines Augenarztes neu zu besetzen. Leider sei dies bislang das einzige Netzwerk in Brandenburg. In den dünn besiedelten Regionen des Landes gehe die Entwicklung dahin, die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden.
Thema der Tour war die zunehmende Bedeutung der gemeinnützigen Tafeln, die überschüssige, qualitativ einwandfreie Lebensmittel sammeln und an sozial und wirtschaftlich Benachteiligte verteilen. In Deutschland gab es vor einigen Jahren 225 Tafeln zur Speisung armer Menschen, heute seien es 940, sagte Fortunato. In Bandenburg sei die Zahl der Tafeln mit mehreren Außenstellen von fünf auf mittlerweile 45 gestiegen. »Ich bin kein großer Freund dieser Tafeln«, sagte die Abgeordnete. Denn besser wäre es, wenn die Verhältnisse so wären, dass diese Tafeln nicht benötigt würden, fügte sie hinzu.
Bei einer am Vortag vorgestellten Umfrage der Enquetekommission »Ländlicher Raum« war deutlich geworden, dass viele Brandenburger keinen ausreichenden Zugang zu ärztlicher, vor allem zu spezialärztlicher Versorgung haben. Fraktionschef Christoffers wies dennoch auf das Umfrageergebnis hin, demzufolge die überwiegende Zahl der Menschen im ländlichen Raum gern in Brandenburg lebt.
Die wachsende Lebenserwartung lässt die Ansprüche an die Pflege ansteigen. Laut einer offiziellen Studie wird die Anzahl der Pflegebedürftigen in Brandenburg von derzeit 96 000 auf voraussichtlich 162 000 im Jahr 2030 steigen. Die Folge ist, dass sich der Personalbedarf allein bei ambulanten Diensten - dort sind derzeit 12 500 Mitarbeiter beschäftigt - verdoppeln wird. Im stationären Bereich mit heute gut 16 000 Beschäftigten ist nahezu eine Verdreifachung nötig.
Eine Ursache dafür Grund ist nicht zuletzt die gestiegene Lebenserwartung in Brandenburg, so werden schon heute Frauen im Schnitt viereinhalb Jahre älter als noch 1995, Männer sogar sieben Jahre. Im Landesvergleich leben die Potsdamer am längsten, statistisches Schlusslicht dagegen ist Frankfurt (Oder). Wie sich aus einer Statistik der Landkreise und kreisfreien Städte ergibt, unterscheidet sich die Lebenserwartung regional im Durchschnitt um bis zu fünf Jahre. Potsdamer Frauen wurden zwischen 2011 und 2013 im Schnitt 83,6 Jahre alt, Männer 79,3 Jahre. In Frankfurt (Oder) lebten die Frauen durchschnittlich 80,5 Jahren, Männer im Kreis Oberspreewald-Lausitz 74,6 Jahre.
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