Im Kern wie neu

Die Sanierung der Bernauer Innenstadt steht nach 25 Jahren vor dem vorläufigen Abschluss

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 5 Min.

Bernau erreicht in diesen Tagen ein bedeutsames Etappenziel seiner Entwicklung nach der Wende: Die Neugestaltung der Innenstadt steht mit dem Auslaufen der Förderprogramme vor dem Abschluss. Am 2. Oktober will die Stadt im Barnim-Kreis ihre Bürger mit einem Lichterfest beschenken. Ähnlich wie beim »Festival of Lights« in Berlin werden am Abend bei »Bernau leuchtet« zentrale Gebäude künstlerisch in Szene gesetzt.

Über all das informierten am Mittwoch Stadtverwaltung und Sanierungsträger in einer Pressekonferenz. Anschließend überzeugten sich bei einem gemeinsamen Stadtrundgang Bürgermeister André Stahl (LINKE) und Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) davon, wie sehr sich Bernau in den zurückliegenden Jahren gemausert hat und wie die Entwicklung weitergehen soll. Denn gerade im Bereich der zentral gelegenen Bürgermeisterstraße weisen weiträumige Absperrungen und Werbeflächen auf die Vorbereitungen für eines der ambitioniertesten und umstrittensten Innenstadtprojekte der nächsten Jahre hin: den Bau des neuen Rathauses für happige 15,8 Millionen Euro.

Eine echte Neuigkeit verkündete der Bürgermeister beim Blick über den weiten Parkplatz im Winkel zwischen dem Stadtpark an der B 2 und dem Gesundheitszentrum an der Ladeburger Chaussee. Hier soll an Bernaus Zukunft gebaut werden: Laut Stahl soll am »Ladeburger Dreieck« ein Parkhaus für 500 Autos errichtet werden. Das geschieht mit Blick auf das angrenzende Neue Krankenhaus, aber auch auf den geplanten Bau einer multifunktionalen Veranstaltungshalle mit bis zu 2000 Plätzen - gedacht für Kultur, Sport und Kongresse - sowie weitere Büro- und Verwaltungsbauten. Für all diese Vorhaben ist die Stadt im Gespräch mit privaten Investoren, hofft aber auch auf Unterstützung durch die Landesregierung, wie er Ministerin Schneider wissen ließ. »Wir denken hier auch an einen Standort der privaten Medizinischen Hochschule Brandenburg, zu deren Trägern unser Krankenhaus zählt«, sagte André Stahl. »Die Pläne zielen auch darauf ab, den Medizinstandort Bernau zu stärken.«

Mit dem Stadtkern innerhalb der alten Stadtmauern und dem wie eine Spange darum gruppierten Gründerzeitring hat Bernau in den vergangenen 25 Jahren seine beiden wichtigsten Sanierungsgebiete wiederbelebt. Der Grauschleier der späten DDR-Jahre ist verschwunden, die pulsierende Innenstadt zeigt sich in frischen Farben, mit intakten Fassaden, erneuerten Straßen und Plätzen. Neubauten haben viele Lücken geschlossen.

»Damit setzen wir den Schlusspunkt unter eine Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre«, sagte der Bürgermeister. »Das Ergebnis ist durchaus vorzeigbar: Es ist uns weitgehend gelungen, die Innenstadt umzugestalten und qualitativ aufzuwerten.«

In gutem Zustand präsentieren sich stadtbildprägende historische Bauten wie das Laubenganghaus, die »Lughäuser«, die Stadtmauer mit Steintor und Hungerturm. Der Marktplatz mit dem Rathaus von 1805 und den Bürgerhäusern zählt ebenso dazu wie die Kirche Sankt Marien, das Sankt-Georgen-Hospital und das Henkerhaus.

Stahl verwies darauf, dass die Neugestaltung der Innenstadt nur möglich war durch die Bereitstellung von Mitteln der Städtebauförderung. Insgesamt flossen seit 1992 nach Angaben der Stadt 25,3 Millionen Euro in die beiden Sanierungsgebiete: mehr als 16,5 Millionen Euro von Bund und Land und rund 7,5 Millionen Euro aus dem Haushalt der Stadt. Im Bahnhofsumfeld seien 2,6 Millionen Euro aus dem Förderprogrammen »Investitionen für den öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV« und »Kommunaler Straßenbau« eingesetzt worden.

Das im November 1994 beschlossene Sanierungsgebiet »Stadtkern Bernau« umfasst eine Fläche von etwa 17 Hektar, die später um fünf Zonen unter anderem für Parkplätze ergänzt wurde. Das Areal ist von ab den 1970er Jahre errichteten Plattenbauten geprägt. In den 1990er entstanden auch zahlreiche Gebäude im nicht geförderten Neubau - vielfach mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss. Mit fast 10,9 Millionen Euro wurde mehr als die Hälfte der hier eingesetzten Mittel in die Erneuerung der Straßen, Wege und Plätze investiert. Drei Viertel der für Gebäude und Anlagen eingesetzten Fördermittel von 4,88 Millionen Euro gingen an private Bauherren.

Im 36,89 Hektar großen Sanierungsgebiet »Gründerzeitring«, 2004 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, war die städtebauliche Entwicklung zunächst deutlich schleppender verlaufen, gab es nach Angaben der Stadt doch erhebliche Mängel an Wohngebäuden und vor allem Gewerbeleerstand zu beseitigen. Allerdings waren bereits viele Straßen erneuert worden. Mit 4,8 Millionen Euro war die Summe der für den Gründerzeitring aufgebrachten Städtebauförderungsmittel deutlich niedriger. Das Gros ging in die Gebäude- und Anlagensanierung, da wichtige Straßen schon vor Beginn der Sanierung erneuert worden waren.

In den beiden Sanierungsgebieten leben mittlerweile rund 4350 Menschen, etwa elf Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Einwohnerzahl von Bernau wächst seit einiger Zeit wieder und bewegt sich auf 40 000 zu. Mit ihren attraktiven Gaststätten, Geschäften und Kultureinrichtungen ist die Innenstadt Anziehungspunkt für alle Bernauer und ihre Gäste. Laut Stahl gibt es in den Ladenlokalen im Zentrum keinen Leerstand.

Anders als viele märkische Städte war Bernau bei der Befreiung durch die Rote Armee im April 1945 von schweren Kriegsschäden weitgehend verschont geblieben. Als Antwort auf den zunehmenden Verfall und Abriss alter Bausubstanz schritt man in der DDR zur Neubebauung ganzer Altstadtareale mit Plattenbauwohnhäusern. Infrastrukturministerin Schneider erinnerte vor Ort daran, dass die damalige Kreisstadt Bernau als Modell für alle Klein- und Mittelstädte diente, wie die DDR gedachte, mit Mitteln des »komplexen Wohnungsbaus« eine Stadt auf dem historischen Grundriss neu zu gestalten.

Die Rekonstruktion hatte 1979 begonnen. Erhalten blieben solche historischen Repräsentationsbauten wie die Stadtmauer und die Kirche Sankt Marien sowie relativ wenige Wohnhäuser aus der Zeit vor 1870 und den Jahren von 1900 bis 1917.

»Der Stadt Bernau ist es hervorragend gelungen, mit Hilfe der Städtebauförderprogramme die Innenstadt zu sanieren«, sagte die Ministerin. »Auch wenn noch nicht jedes Haus und jede Straße saniert ist, können sich sowohl Stadtkern als auch Gründerzeitring sehen lassen.« Nun gehe es darum, die Innenstadt noch lebendiger zu machen und wichtige Funktionen zu stärken. »Diesen Prozess unterstützen wir mit den Fördermitteln für aktive Stadtzentren.«

Wie das Infrastrukturministerium mitteilte, wird Bernau seit 2013 aus dem Bund-Länder-Programm »Aktive Stadt- und Ortsteilzentren« gefördert. Es wurden 2,4 Millionen Euro bewilligt, unter anderem für eine Kita, die Sanierung des »Kantorhauses« oder die Arbeit des Citymanagements. Das Programm wird seit 2016 fortgeführt und Bernau wurden weitere 775 000 Euro zur Verfügung gestellt.

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