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Türkei: Wahl ohne Alternativen?

Neue moderat-rechte Partei macht AKP und MHP Konkurrenz / CHP sagt linkes Bündnis ab

  • Ismail Küpeli
  • Lesedauer: 4 Min.

Obgleich es noch zwei Jahre sind bis zu den türkischen Wahlen 2019, kommt schon jetzt Bewegung in die politischen Lager. Die Kommunalwahlen sollen im Frühjahr 2019 stattfinden, Präsidentschafts- sowie Parlamentswahlen gleichzeitig im November 2019 abgehalten werden. Für die Opposition wird dies die letzte Chance sein, Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan auf Wahlebene die Stirn zu bieten. Dieser wiederum setzt schon jetzt alles daran, eine Mehrheit für seine Wiederwahl zu sichern.

Seit dem Referendum vom 16. April 2017 über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei zeigt sich Erdoğan unzufrieden mit der Regierungspartei AKP. Sie habe nicht genug Wähler für ein »Ja« mobilisieren können, so Erdoğan. Die Abstimmung ging nur knapp - und allen Anzeichen nach mithilfe von Wahlbetrug - für das Präsidialsystem aus. Erdoğan spricht von »Materialermüdung« innerhalb der AKP und forderte tiefgreifende Umstrukturierungen der Partei. Bisher ist jedoch nicht absehbar, ob diese schnell gelingen können und ob diejenigen AKP-Politiker, die jetzt entmachtet werden sollen, dies einfach so hinnehmen werden. Insofern ist Erdoğan auf neue Unterstützerkreise angewiesen, wenn er die Präsidentschaftswahl 2019 eindeutig für sich entscheiden will.

Mit der rechten MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung) kann Erdoğan wohl rechnen, wie auch schon bei dem Referendum im April 2017. Die MHP unterstützt die AKP-Regierung seit der Wiederaufnahme des Krieges gegen die kurdische PKK im Juli 2015. Zuvor stand die MHP in Opposition zur AKP genau wegen der Frage, ob die »Kurdenfrage« militärisch gelöst werden sollte oder durch Verhandlungen. Als die AKP zur militärischen Lösung griff, fiel einer der zentralen Konfliktpunkte mit der MHP weg. Allerdings ist der Kurs der MHP-Führung in der Partei umstritten.

Während der radikale Flügel der MHP es Erdoğan und der AKP bis heute nicht verziehen hat, mit der PKK überhaupt jemals verhandelt zu haben, ist eine größere Gruppe von MHP-Dissidenten eher aus machtpolitischen Gründen skeptisch gegenüber der Zusammenarbeit mit der Regierung. Denn: Wenn die MHP Erdoğan dabei hilft, das Präsidialsystem einzuführen und so die Rolle des Parlaments und der politischen Parteien massiv einzuschränken, dann macht die MHP sich selbst überflüssig.

Nachdem die Opposition innerhalb der MHP lange versucht hatte, die Parteiführung um Devlet Bahçeli abzusetzen und einen neuen, regierungskritischeren Kurs durchzusetzen, strebt sie nun eine Parteineugründung an. An der Spitze steht die vergleichsweise moderate MHP-Politikerin Meral Akşener.

Die neue Partei hat zwar noch keinen Namen, aber laut den aktuellen Wahlumfragen in der Türkei kann sie bei den Parlamentswahlen 2019 auf 21 Prozent der Stimmen hoffen. Gleichzeitig könnte diesen Umfragen zufolge der übrig bleibenden MHP dann ein Absturz weit unter die Zehn-Prozent-Hürde drohen. Damit wäre die Partei sogar nicht mehr im Parlament vertreten.

Für Erdoğan stellt die Bewegung um Meral Akşener eine Gefahr für den Machterhalt dar. Über regierungsnahe Medien ließ er darum lancieren, dass er als Vizestaatspräsidentin neben dem MHP-Parteivorsitzenden Devlet Bahçeli die ehemalige Ministerpräsidentin Tansu Çiller nominieren wolle. Mit Çiller würde eine Person aufgestellt werden, die explizit auf die Anhängerschaft von Akşener zielt. Wie auch Akşener ist Çiller eine prominente Politikerin. Beide haben sich als Nationalistinnen einen Namen gemacht - und beide entstammen ursprünglich der selben Partei, der rechtskonservativen DYP (Partei des Rechten Weges). Dieser Schachzug Erdoğans wird wohl nicht die einzige Maßnahme bleiben, um Akşener und ihrer neuen Partei den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Während sich also am rechten Rand der Opposition Bewegung zeigt, agiert die größte Oppositionspartei, die kemalistische CHP (Republikanische Volkspartei), weiter unbeholfen. So erteilte der CHP-Parteivorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu zu Beginn dieser Woche jeglichem Bündnis mit der linken HDP (Demokratische Partei der Völker) eine Absage. Dies diente sicherlich auch dazu, den nationalistischen Flügel der CHP nicht zu verärgern. Die Frage, wer bei den Wahlen 2019 Erdoğan von links herausfordern kann, bleibt so unbeantwortet.

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