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Ein ökologischer Visionär
Ja, das Flugwesen. Es entwickelt sich. Aber wohin? Früher war es ein Symbol des Fortschritts, ein Zeichen dafür, dass der Mensch alles kann, sogar die bleierne Schwerkraft überwinden. Und heute? Macht es uns große Sorgen. Wegen der Umwelt. Diesen Aspekt hatte der Genosse Grigori Kossonossow, der Wächter der Fliegerschule, verschwiegen, als er die Bäuerlein fürs Flugwesen agitierte. Obwohl die Flugmaschinen auch damals schon nicht mit Rübensaft aufgetankt worden sein dürften. Nur Vorteile hat er aufgezählt. Aber hat er auch vom Treibhauseffekt berichtet, vom Schadstoffausstoß? Nein, hat er nicht.
Seine Unschuld hat das Flugwesen längst verloren. Wer fliegt, ruiniert die Zukunft, das ist die Botschaft dieser Tage. Wie zum Hohn ging gerade erst die Nachricht von jenem italienischen Gleitschirmflieger um die Welt, der abstürzte, und drei quälende Tage lang hilflos in einem Baum hängen blieb. Eine düstere Parabel, die an den unglückseligen Schneider von Ulm ebenso erinnert wie an den sturköpfigen Ikarus und mit einer bösen Pointe endet: Der Gleitschirmflieger, der ja ohne jeden umweltschädlichen Treibstoff auskommt und sich nur der Naturressource Wind bedient, ein ökologisches Musterbeispiel, dieser Mann des Fortschritts musste mit Hilfe eines Hubschraubers gerettet werden, eines knatternden Spritfressers.
Auch sonst macht das Flugwesen nur noch wenig Freude. Gestern erst schickte der Bundestag eine Staffel Bundeswehr-Tornados nach Afghanistan, zur Zielaufklärung. Manche nennen das, was dort stattfindet, beschönigend Krieg. Die Realisten aber reden nicht um den heißen Brei herum, sondern sagen knallhart: eine Frühjahrsoffensive ist es, nichts anderes. »Angriff ist die beste Verteidigung«, wird Verteidigungsminister Franz-Josef Jung zitiert. Wir wollen nicht verschweigen, dass er sich mit diesem Schlachtruf in ein Spiel der Bundestags-Fußballmannschaft gestürzt hat. Aber lässt einen Vollblut-Politiker die Arbeit jemals los?
Dabei gäbe es für die Tornado-Aufklärer, wenn sie schon beschäftigt werden müssen, ganz in der Nähe genug zu tun. Neulich haben 170 Soldaten der Schweizer Armee bei einer nächtlichen Übung die Grenze zu Liechtenstein überschritten. Aus Versehen, hieß es. Immerhin, mehrere Kilometer weit drang die bewaffnete Truppe ins fremde Territorium ein. Woanders entstehen aus solchen Episoden schwere Konflikte. Wäre es nicht eine edle Aufgabe für die Tornado-Aufklärer, solche Irrläufe zu verhindern und damit den Schutz vieler Liechtensteiner Briefkastenfirmen und Bankgeheimnisse zu sichern?
Nein, die Tornados sind an den Hindukusch abkommandiert, wo sie bekanntlich deutsche Interessen verteidigen. Diese grandiose Erkenntnis verdanken wir Peter Struck, der auch mal Verteidigungsminister war, jetzt SPD-Fraktionschef ist und in dieser Eigenschaft kerosingetrieben nach Afghanistan düste, um wankelmütigen Kollegen zu zeigen, wie sie abstimmen sollen.
Wie man sieht, hat die Sache geklappt; Struck kann sich zur Feier des Tages seine geliebte Pfeife anzünden. Und zwar in seinem Büro. Denn noch dürfen die Raucher im Bundestag nebeln und Schadstoffe ausstoßen. Dem ganzen öffentlichen Dienst wollen sie zwar ein striktes Rauchverbot verpassen, den Kneipenbesuchern auch. Bei sich selbst aber feilschen sie um ein paar Ausnahmen; vermutlich wollen sie zeigen, dass Politik ein widersprüchlicher Prozess ist. Wir halten den Politikern zugute, dass sie auch nur aus diesem pädagogischen Grund nach wie vor die halbe Regierung mit dem Flieger zwischen Berlin und Bonn pendeln lassen. Da waren die Vorfahren unserer muslimischen Mitbürger mit ihren fliegenden Teppichen, aus denen höchstens etwas Feinstaub geklopft wurde, schon mal weiter, ökologisch betrachtet.
Man sollte mal wieder Kossonossows Geschichte lesen. Vielleicht haben wir ihm nicht richtig zugehört. Geradezu visionär thematisiert er zwei große Klimakiller in einem Atemzug: das Flugwesen und die Kühe. Beide reißen das Ozonloch weiter auf. Durch die Verbrennung von Kerosin und den Ausstoß riesiger Mengen Methan. Wir haben darüber gelacht, aber womöglich handelt es sich um eine Art früher Ökobibel. Und vielleicht sollten wir auch eines anderen großen Umweltorakels gedenken, das lange vor dem Streit um Dieselruß und Partikelfilter warnend ausrief:...
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