Keine Aussicht auf ein Bleiberecht

Mehr als die Hälfte der Asylsuchenden muss in die Heimat zurück, sagt der Innenminister

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als die Hälfte der Asylsuchenden in Brandenburg habe keine Aussicht auf dauerhaften Aufenthalt und müsse »wieder in ihre Heimatländer zurückkehren«. Das erklärte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) nach einer Beratung mit den Landräten am Montag in Potsdam. Dabei war es vor allem um die Modalitäten der zu erwartenden Abschiebungen gegangen. Ob die LINKE bei Verschärfungen mitzieht, ist offen.

Anzustreben sei, dass Menschen ohne »Bleiberechtsperspektive« gar nicht erst von der Erstaufnahme auf die Kommunen verteilt werden, sagte Schröter. Wenn Asylsuchende erst einmal Gemeinschaftsunterkünfte oder gar Wohnungen bezogen haben und dann den abschlägigen Bescheid erhalten, sei es erfahrungsgemäß äußerst schwierig, die Ausreise beziehungsweise Abschiebung durchzuführen. Allerdings sei die zulässige Aufenthaltszeit in Erstaufnahmeeinrichtungen derzeit mit maximal sechs Monaten so kurz bemessen, dass diese Situation vielfach eintrete. Ändern könne das nur ein Landesgesetz. Wie anderswo auch würden in Brandenburg die Verfahren bei Verwaltungsgerichten zunehmen, in denen abgelehnte Asylsuchende sich gegen ihre Ausreise juristisch zur Wehr setzen.

Der Minister sprach davon, dass in Eisenhüttenstadt, Doberlug-Kirchhain und Wünsdorf neben den dortigen Erstaufnahmeeinrichtungen, Kapazitäten für Abschiebehaft geschaffen werden sollen, und er redete von der Schwierigkeit, geeignetes Bewachungspersonal dafür zu finden. Auch eine Untersuchungshaftanstalt, von denen einige in Brandenburg derzeit oft nicht ausgelastet seien, solle für »Gefährder« ausgelegt worden.

Mit Blick auf Sozialministerin Diana Golze (LINKE), die im Urlaub einen schweren Unfall erlitten hatte, fügte Schröter aber hinzu, es sei auch nicht wünschenswert, die Dinge ohne Absprachen mit ihr voranzutreiben. Voraussichtlich erst im November, so hatte es vor einer Weile geheißen, könne Golze ihren Dienst wieder antreten.

Der Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD), erklärte, überraschend sei der Bundestag kurz vor der Wahl noch einmal aktiv geworden und habe die gesetzliche Grundlagen für eine veränderte Abschieberregelung geschaffen. Allerdings stellt diese Regelung es den Ländern anheim, die Art und Weise für sich selbst zu bestimmen. Bezogen auf die in Brandenburg mitregierende LINKE argwöhnte Blasig, der vorliegende Gesetzentwurf werde wohl »nicht bei jedem Koalitionspartner auf Gegenliebe stoßen«. Auf die direkte Nachfrage, ob er meine, dass die LINKE sich gegen Änderungen sperren werde, sagte er aber: »Das weiß ich nicht.«

Eine Verlängerung des Aufenthaltes vom Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen werde es mit ihr nicht geben, unterstrich die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE). Doch wollte sie sich für die gesamte Linksfraktion nicht verbürgen. Die so genante gute oder schlechte Bleiberechtsperspektive sei eine Erfindung der Bundesregierung, um die beabsichtigte Verschärfung des Asylrechts zu bemänteln, sagte Johlige. Wenn das Asylverfahren fair und rechtsstaatlich ablaufe, könne vorher niemand wissen, wie es ausgehen werde. Zu Schröters Bemerkung, Integrationsanstrengungen bei abzuschiebenden Menschen seien »vergebliche Liebesmüh«, sagte Johlige: »Das wird bei einem Teil immer so sein.« Die Chance, sich zu integrieren, führe über Deutschkurse. Wenn Menschen Deutschunterricht erhalten, die später wieder ausreisen müssen, dann sei das keine Katastrophe. Es schade schließlich niemandem, wenn auf der Welt ein paar Menschen zusätzlich Grundbegriffe der deutschen Sprache erlernt haben. Doch sei es kontraproduktiv, Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen praktisch keine Integrationsmaßnahmen zu gewähren. Dafür gebe es vor dem Hintergrund sinkender Flüchtlingszahlen ohnehin keinen Grund.

Für den Städte- und Gemeindebund sagte Potsdam Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), eine einheitliche Auffassung zur Frage einer Zuzugssperre für Asylsuchende in bestimmte Regionen sei nicht gefunden worden. Aktuell seien Cottbus und Potsdam davon betroffen, dass Asylsuchende aus anderen Landesteilen dorthin ziehen. Hier müsse die Erstattung zusätzlicher finanzieller Aufwendungen geklärt werden. Andererseits stünden auch in Potsdam inzwischen zwei vorbereitete Asylheime leer, die ebenfalls Kosten verursachen. Sie wurden seinerzeit fußend auf Prognosen des Landes zu Flüchtlingszahlen eingerichtet.

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