Deutschland sieht schwarz
Bei der Bundestagwahl können CDU und CSU den Großteil der Wahlkreise gewinnen
Berlin. In einer Woche ist der neue Bundestag gewählt - aber noch weiß niemand, wie groß das künftige Parlament sein wird. Normalerweise gäbe es 598 Abgeordnete: 299 direkt in den Wahlkreisen per Erststimme gewählte und 299 weitere, die über die Parteienlisten mit der Zweitstimme bestimmt werden. Soweit die Theorie.
In der Praxis jedoch erzielen CDU und CSU seit mehreren Legislaturperioden einen immer größer werdenden Anteil an Direktmandaten, der ihre Mandatsansprüche laut Zweitstimme deutlich übersteigt. Für die bevorstehende Bundestagswahl hat das Internetportal election.de errechnet, dass die Union 247 der 299 Direktmandate holen kann. Lediglich 47 entfielen demnach auf die SPD; vier könnte die LINKE gewinnen, eins die Grünen. Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai hatte election.de mit seiner Wahlkreisprognose sehr nahe am tatsächlichen Ergebnis gelegen.
Die krasse Überlegenheit der Union hat Folgen: Ihre zahlreichen Zusatzmandate müssen für die anderen Fraktionen ausgeglichen werden, damit die Verhältnisse zwischen den Parteien gewahrt bleiben. Das könnte zu einem Bundestag mit mehr als 660 Mitgliedern führen (derzeit sind es auch schon 630); Experten hatten sogar bis zu 700 Abgeordnete prognostiziert. Die Handwerker des Bundestags müssen sich also bei der Einrichtung des Plenarsaals etwas einfallen lassen.
Um die Aufblähung des Bundestags zu verhindern, hatte Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) in der jetzt endenden Wahlperiode mehrfach Reformvorschläge angeregt bzw. selbst unterbreitet. So schlug er eine gesetzlich verankerte Höchstzahl von Abgeordneten oder eine Obergrenze für Ausgleichsmandate vor. Erhört wurde er nicht - seine Bemühungen verliefen im Sande. wh Seite 5
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