Charité pokert mit Patienten
Pflegekräfte kämpfen bundesweit für mehr Personal an Kliniken
Berlin. »Hier werden 365 Tage im Jahr Patienten gefährdet, weil wir unterbesetzt sind«, sagt Christina Wenzel, die seit 23 Jahren als Kinderkrankenschwester in der Charité arbeitet. Sie reagiert damit auf den Vorwurf, durch ihre Arbeitsniederlegung Leben aufs Spiel zu setzen. Die Charité-Leitung hatte zunächst den Abschluss einer Notdienstvereinbarung verweigert. Statt Betten in den Stationen zu räumen, in denen für Dienstag Streiks angekündigt waren, waren am Morgen viele der Betten belegt. Dennoch wollen Pflegekräfte die ganze Woche weiter streiken, damit an der Berliner Universitätsklinik mehr Personal eingestellt wird. Das glaubte die Belegschaft im Vorjahr schon erreicht zu haben, doch die Vereinbarungen seien vom Arbeitgeber unterlaufen worden, heißt es. Die Pflegekräfte an der Charité waren bundesweit die ersten, die den Personalmangel in Krankenhäusern in den Mittelpunkt einer Tarifauseinandersetzung stellten und wichtige Forderungen zur Entlastung durchsetzten.
Angeregt von diesen Kämpfen fordert die Gewerkschaft ver.di nun auch in anderen Krankenhäusern, ähnliche Tarifverträge abzuschließen. Auf Intensivstationen ist zuweilen eine Pflegekraft über Nacht allein für 30 Patienten verantwortlich. Doch seit dem Aufruf im Juli hat sich nichts bewegt. Deshalb machten Beschäftigte am Dienstag in mehreren Klinken bundesweit mit Warnstreiks Druck, unter anderem in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Konkret fordert ver.di die Festlegung von Mindestzahlen, wie viel Pflegekräfte pro Schicht im Einsatz sein müssen sowie Regelungen zum Belastungsausgleich, falls die Vorgaben nicht eingehalten werden. Zudem müsse ausgeschlossen werden, dass Auszubildende Personalengpässe kompensieren. Nach Berechnungen von ver.di müsste es für eine gute und sichere Versorgung 162 000 Stellen in Krankenhäusern mehr geben, davon 70 000 Pflegefachkräfte. iw Seite 9
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