Gericht sieht Afghanen nicht bedroht
Oberverwaltungsgericht folgt Lagebericht des Auswärtigen Amtes
Koblenz. Erstmals nach dem Anschlag im Mai in Kabul mit rund 150 Toten und einer beschädigten deutschen Botschaft hat ein Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Bedrohung für Zivilisten in ganz Afghanistan verneint. Zwar habe sich dort die Sicherheitslage seit Anfang 2016 deutlich verschlechtert, doch sei die Gefahr für zurückkehrende abgelehnte Asylsuchende regional sehr unterschiedlich, teilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz mit. Die höchsten Opferzahlen gebe es im Süden und Osten. Der Nordosten und Westen sowie das zentrale Hochland seien dagegen insgesamt vergleichsweise ruhig. In der Provinz Kabul komme es zwar aktuell zu den höchsten absoluten Opferzahlen, ergänzte das OVG am Mittwoch in Koblenz. Zugleich lebten hier aber die meisten Einwohner - 4,4 Millionen. Die relative Zahl ziviler Opfer liege hier somit im Durchschnitt. Es gebe keine Hinweise, dass Oppositionsgruppen wie die radikalislamische Taliban weite Teile von Afghanistan beherrschten.
Mit dieser Begründung verweigerte das OVG die Zulassung der Berufung eines abgelehnten afghanischen Asylbewerbers. Der junge Mann hatte sich vergeblich auf eine landesweite Bedrohung in seiner Heimat berufen. Er war zuvor schon beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dem Verwaltungsgericht Trier gescheitert.
Das OVG verwies auf eine vergleichbare Argumentation der früheren obergerichtlichen Rechtsprechung in Deutschland und die aktuelle Lagebeurteilung des Auswärtigen Amts vom 28. Juli. dpa/nd
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