Asylgeschütz vor der Wahl

Uwe Kalbe über ein neues Gutachten über die Flüchtlingskrise 2015

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Handelte Angela Merkel im September 2015 rechtens, als sie auf den Zustrom Hunderttausender Flüchtlinge mit dem Satz »Wir schaffen das« reagierte? Auch wenn Fluchtrouten mittlerweile geschlossen wurden und die EU ihre Außengrenzen zu einem Bollwerk gestaltet - noch immer wird über diese Frage gestritten. Auch das neueste Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages ist ein Geschütz, das zu diesem Zweck und nicht zufällig wenige Tage vor der Bundestagswahl aufgestellt wurde.

Ob, wie die Gegner der »Grenzöffnung« daraus lesen, der Bundestag 2015 hätte abstimmen müssen und die Bundeskanzlerin also selbstherrlich handelte, ist zuerst eine politische Frage. Geflüchtete stauten sich unter unzumutbaren Bedingungen in Ungarn, als Berlin und Wien sich gemeinsam entschlossen, sie aus dieser Lage zu befreien. Eine politische Entscheidung! Es folgte heftige politische Kritik. Dass das Recht in diesem Zwist nach Kräften bemüht wird, ist kein Widerspruch. Abseits aller Interpretationen gilt: Dieses bietet bisher den Staaten Raum, die Zuständigkeit für Asylverfahren zu übernehmen. Grenzen konnten 2015 nicht geöffnet, sondern allenfalls geschlossen werden. Dies ist es auch, was Merkels Kritiker letztlich fordern. Und durchaus erfolgreich: An einer neuen EU-Asylregel (Dublin IV) wird - mit Merkels Segen - schon gearbeitet, humanitäre Spielräume fallen darin weg.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.