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Es kommt der Tag der Kreisreform - trotz alledem

SPD und LINKE halten auch nach ihren Verlusten bei der Bundestagswahl an dem Vorhaben fest

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

SPD und LINKE sehen nach der Bundestagswahl keinen Anlass, vom umstrittenen Vorhaben Kreisgebietsreform abzulassen. Dass das schlechte Abschneiden beider Parteien in Brandenburg zu einer Fehlerdiskussion führen könnte, darauf waren ihre Protagonisten am Dienstag nicht erpicht.

Er sei dagegen, jetzt die Kreisreform abzusagen oder zu verschieben, erklärte Linksfraktionschef Ralf Christoffers. Eine Debatte darüber nannte er »weder hilfreich noch zielführend«. Auch ein Aussetzen der Reform komme nicht infrage. Denn: »Das wäre eine Absage.« Nach einer Besprechung in der Linksfraktion garantierte Christoffers die Stimmen der Abgeordneten seiner Partei für die Kreisreform. Christoffers bestätigte dabei allerdings, dass es an der Parteibasis und in den Kreistagen »viel Diskussion« um dieses Thema gibt.

Die SPD in Cottbus hatte am Montag vorgeschlagen, ein Moratorium zu verkünden, das heißt, das Projekt auszusetzen. Eine solche Position habe die Abgeordnete Kerstin Kircheis in der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag vertreten, bestätigte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Doch habe die Fraktion am Ende einstimmig dafür votiert, das Reformprojekt fortzusetzen. Der CDU bescheinigte Bischoff vor, Opfer eines politischen Klimas geworden zu sein, das sie selbst geschürt habe. Er forderte die Christdemokraten auf, »zur Vernunft zu kommen« und sich nicht länger zu verweigern.

Bischoff verteidigte die Entscheidung der Bundes-SPD, künftig auf Bundesebene die Rolle einer Oppositionspartei anzunehmen. Alles andere hätte »bei vielen Stirnrunzeln ausgelöst«, meinte er. Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) sieht das nicht ganz so. Bei einem SPD-Empfang der Handwerkskammern am Montag verwies Gerber darauf, dass im Falle einer Jamaika-Koalition im Bundestag drei von vier Parteien an der Macht wären, die seiner Ansicht nach mit den Interessen Ostdeutschlands nichts oder fast nichts zu tun haben - die bayerische CSU und die eher in Westdeutschland verankerten Parteien FDP und Grüne. Insofern sei es problematisch gewesen, seitens der SPD gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU) »die Tür zuzuschlagen und den Schlüssel aus dem Fenster zu werfen«.

Über Fehler in der Politik seiner Partei mochte Bischoff nicht reden. Auf eine entsprechende Frage begann er, neben dem erst lange vergeblich von der Linkspartei geforderten Mindestlohn auch andere Erfolge aufzuzählen.

Linksfraktionschef Christoffers sagte, die Flüchtlingsfrage sei für viele Wähler eine Projektionsfläche gewesen, auf der auch andere Aspekte der Unzufriedenheit zum Ausdruck gekommen seien. Ungelöste Fragen im Bereich Pflege und Rentenhöhe sowie Zukunftsängste würden mit hineinspielen. Im mittleren akademischen Bereich werde nur noch mit Zeitverträgen gearbeitet, es gebe Absturzängste im Mittelstand.

»Die Menschen wollen Schuldige finden.« Christoffers wies auf das Sozialstaatsversprechen hin, wonach der Flüchtlinge wegen keine Schlechterstellung der Brandenburger zugelassen werde. Dennoch tauche die Frage auf, warum es bei bestimmten Sachverhalten keine Lösungen gebe. Bezogen auf die Problemlagen sei eine »wachsende Ungeduld« vorhanden. Ein Verständnis dafür, dass Lösungen manchmal auch Zeit benötigen, sei immer weniger vorhanden. »Das verspüren wir überall.« Absurd nannte Christoffers das Verlangen der CDU nach Neuwahlen in Brandenburg, da die CDU hier bei der Bundestagswahl selbst 8,1 Prozent der Stimmen verloren habe und damit mehr als SPD (minus 5,5 Prozent) und LINKE (minus 5,2).

Auch Grünen-Landeschef Clemens Rostock lehnte den Neuwahlvorschlag ab. Bis zur Wahl 2019 müsse die CDU sich »noch gedulden«.

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