Bündnis fordert mehr direkte Demokratie

Mehr als 30 Organisationen starteten Unterschriftenkampagne für Volksentscheide auf Bundesebene

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit einer Unterschriftenkampagne will ein Bündnis aus über 30 Organisationen die an der Bildung der künftigen Bundesregierung beteiligten Parteien dazu bewegen, im Koalitionsvertrag die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene festzuschreiben. Volksentscheide seien kein Ersatz für die repräsentative Demokratie, sondern eine wichtige Ergänzung, sagte Claudine Nierth, Vorstandssprecherin des Vereins Mehr Demokratie e.V., bei der Präsentation am Donnerstag in Berlin. Außer der CDU hätten sich alle im Bundestag vertretenen Parteien in ihren Programmen für plebiszitäre Elemente auch auf Bundesebene ausgesprochen. Umfragen zeigten, dass 75 bis 80 Prozent der Bevölkerung die Forderung unterstützen, so Nierth.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) unterstützt die Kampagne. Der Vorsitzende Hubert Weiger verwies auf positive Erfahrungen mit Bürgerbegehren und Volksentscheiden auf kommunaler und Landesebene. Dort habe es besonders in Fragen des Natur- und Umweltschutzes viele kleine Erfolge gegeben. Dies sei auch auf Bundesebene denkbar - etwa beim Einsatz von Gentechnik und bestimmten Pflanzengiften in der Landwirtschaft. Eine stärkere Beteiligung der Bürger an Entscheidungsprozessen sei auch ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit, die sich im hohen Nichtwähleranteil und beim Erstarken rechtspopulistischer Strömungen zeige.

Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch, warnte jedoch vor aufwendigen Kampagnen mächtiger Lobbyisten. Er verwies auf einen Volksentscheid in Kalifornien zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Nach einer Angstkampagne zu im Erfolgsfall vermeintlich stark steigenden Lebensmittelpreisen sei die ursprünglich große Zustimmung in ihr Gegenteil verkehrt worden. Dennoch sehe seine Organisation die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden überwiegend positiv, denn »die Möglichkeit von Volksentscheiden verändert die Diskussion, stärkt das Vertrauen in die Demokratie und wird mehr Verbraucherrechte bringen«, so Rücker.

Auf präzise Vorschläge zur Ausgestaltung der Volksentscheide haben die Initiatoren verzichtet. Zunächst gehe es um eine »Grundsatzentscheidung« der künftigen Koalition für eine Verfassungsänderung, die der Bundestag mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen könnte, so Nierth. Klar sei, dass der Grundrechtekatalog des Grundgesetzes, völkerrechtlich verbindliche Verträge und die Haushaltshoheit des Bundestages nicht Gegenstand von Volksentscheiden sein könnten. Weiger betonte, dass jedes Volksbegehren einer »intensiven Vorprüfung auf seine Zulässigkeit« bedürfe. So könne rechtspopulistischen Kampagnen ein Riegel vorgeschoben werden. Mehr dazu auf: www.volksentscheid.de

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