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Katalanische Regierung will 6249 Wahllokale öffnen
5,3 Millionen Katalanen stimmen bei Referendum am Sonntag über eigenen Staat ab / Spanische Polizei beschlagnahmte noch am Donnerstag 2,5 Millionen Wahlzettel
Ungeachtet des Verbots des Verfassungsgerichts und des Widerstands aus Madrid will die Regionalregierung in Katalonien beim Unabhängigkeitsreferendum am Sonntag 6249 Wahllokale öffnen lassen. Die Abstimmung finde zwischen 09.00 und 20.00 statt, sagte Regierungssprecher Jordi Turull am Freitag.
Insgesamt sind mehr als 5,3 Millionen Katalanen aufgerufen, über die Abspaltung der wirtschaftsstarken Region abzustimmen. Die Zentralregierung versucht weiter, die Befragung mit allen Mitteln zu verhindern. Was genau am Wahltag geschehen wird, wagt deshalb niemand vorherzusagen.
Aktuell machen in Katalonien Bauern der Region für das Referendum mobil. Laut Angaben des katalonischen Bauernverbands befinden sich in mehreren Städten der Region 2000 Traktoren auf der Straße. Auch Studierende protestierten erneut. Ihnen schlossen sich Feuerwehrmänner an.
2,5 Millionen Wahlzettel beschlagnahmt
Am Donnerstag hatte die spanische Polizei bei Hausdurchsuchungen erneut 2,5 Millionen Wahlzettel sichergestellt. Bei Dutzenden Razzien hatten Sicherheitsbeamte bereits in der vergangenen Woche mehrere Millionen Stimmzettel und 1,5 Millionen Wahlplakate beschlagnahmt. Bürger in Katalonien erklärten aber, dies stelle kein Problem dar, man würde einfach neues Material drucken. Das harte Vorgehen der spanischen Behörden treibt dieser Tage viele Unentschlossene aus einem demokratischen Impuls und Empörung heraus dazu, das Referendum zu unterstützen.
Am Freitag riefen Unabhängigkeitsbefürworter dazu auf die Wahllokale zu schützen: »Keine Parteisymbole, Gewaltfreiheit, auf Provokationen nicht eingehen«. Umfragen zeigten zuletzt eine gespaltene Region. Sie zeigten aber auch: Unter denen, die auf jeden Fall abstimmen wollen, will eine klare Mehrheit für »Si« stimmen. Eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage zeigte gegenüber der Vorgängerumfrage eine gestiegene Wahlbeteiligung. Demzufolge wollen am Sonntag nicht mehr rund 53 Prozent, sondern 63 Prozent am Referendum teilnehmen.
Toni Negri unterstützt das Referendum
In einem internationalen Aufruf haben verschiedene linke Intellektuelle die bisherige internationale Haltung kritisiert, den Konflikt in Katalonien als eine rein spanische »Angelegenheit« anzusehen. Die Regierung in Spanien habe mit dem »de facto Ausnahmezustand« die eigene Rechtstaatlichkeit »überschritten«. Unterzeichnet wurde Aufruf unter anderem von dem italienischen Post-Operaisten Antonio Negri und Michael Hardt, dem deutschen Philosophie-Professor Wolfgang Haug sowie der amerikanischen Marxistin Wendy Brown. Das Auftreten der spanischen Behörden widerspreche den Prinzipien des demokratischen europäischen Rechtsstaats, so die Unterzeichnet, deswegen müsse das Referendum durchgeführt werden. Mit ihm könne »demokratisches Streben nicht-gewalttätig gelöst werden«.
Diese Kritik richtet sich vor allem an die EU. »Es geht hier um demokratische Standards in der EU«, kritisierte Amadeu Altafaj, Vertreter Kataloniens bei der EU, das Schweigen der Europäischen Union zum repressiven Vorgehen Spaniens. Die EU müsse »mindestens« zu einem Dialog zwischen Spanien und Katalonien aufrufen, kritisierte Altafaj. Doch die Antwort der EU auf diesbezügliche Fragen von Journalisten war in den letzten Wochen stets: »Wir respektieren die innere verfassungsmäßige Ordnung Spaniens«. Der heutige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nahm sich vor zwei Wochen in einem Interview etwas mehr Freiheiten: »Wir haben immer gesagt, dass wir in der Frage den Entscheidungen des spanischen Verfassungsgerichts und des spanischen Parlaments folgen werden«, sagte er. Falls es aber »ein 'Ja' zur Unabhängigkeit Kataloniens geben wird (...), werden wir diese Entscheidung respektieren«. Seither ist die EU aber wieder zurückgerudert.
»Eine Eskalation kann nicht ausgeschlossen werden«
Das Auswärtige Amt hat Urlauber in der spanischen Region zur Vorsicht aufgerufen. »Eine Eskalation kann nicht ausgeschlossen werden«, hieß es in einem am Freitag aktualisierten Reisehinweis des Ministeriums. Es empfahl Touristen, »die lokalen Medien zu verfolgen, größere Menschenansammlungen in dieser Zeit zu meiden und den Anweisungen von Sicherheitskräften unbedingt Folge zu leisten«. Insbesondere in Barcelona könne es zu Demonstrationen kommen.
Bürgerkomitees, die sich für die Durchführung der Volksabstimmung einsetzen, forderten die Bevölkerung auf, schon ab diesem Freitag Schulen und andere Gebäude zu besetzen, die als Wahllokale dienen sollen. So solle sichergestellt werden, dass die paramilitärische Polizeieinheit Guardia Civil die Wähler am Sonntag nicht am Eintritt in die Gebäude hindern könne, berichtete die Zeitung »El Mundo«. Madrid hat zahlreiche Sicherheitskräfte in die Region entsandt, darunter auch die ihr unterstellte Guardia Civil. mit Agenturen
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