Wie man einen Brückeninfarkt organisiert

Grüne Streiche à la Schilda beschäftigen Bremer Bürger

  • Alice Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt Städte, wie etwa das kleine Teterow im Nordosten Deutschlands, die zwecks Tourismusförderung auf angebliche Schildbürgerstreiche ihrer Vorfahren hinweisen. Bremen, bekanntlich eine etwas größere Stadt im Nordwesten Deutschlands, lockt Touristen lieber mit steinernen Zeugnissen seiner Tradition im weltumspannenden Handel. Trotzdem greifen Bremens Bürger häufig auf den Vergleich mit dem fiktiven Schilda zurück, wenn es um ihre Stadt geht. Jüngst lieferte die rot-grüne Landesregierung wieder Steilvorlagen für die These, Bremen sei das wahre Schilda.

Zunächst wurde die direkt in der Innenstadt die Weser querende Stephanibrücke, die unter anderem den Schwerlastverkehr durch Bremen führen soll, als so marode eingestuft, dass sie die etwa 100 000 Fahrzeuge täglich nicht mehr lange aushalte. Also soll der Schwerlastverkehr durch Maßnahmen wie etwa einem Überholverbot auf der Brücke eingeschränkt werden.

Um noch mehr Belastung von der Brücke zu nehmen, wurden auch der Rad- und der Fußweg, die beide rechts und links außen unterhalb der Fahrbahnen verlaufen, einbezogen. Mit mehreren Tonnen schweren Absperrzäunen sind nun beide Seiten um jeweils zwei Meter schmaler. Angeblich ließen sich so zusätzlich täglich 200 Tonnen Nutzungsgewicht sparen. Da aber die Anzahl der Radler und Fußgänger, die die Brücke täglich als Pendler nutzen, durch die Absperrung nicht geringer wird, ist die Verengung von Rad- und Fußweg nach Volkes Meinung unsinnig. Zumal die Konstruktion nun noch zusätzlich mit dem Gewicht der Absperrung belastet wird.

Immerhin suchten die Bremer nach irgendeinem positiven Aspekt der zwangsweise erzeugten Enge auf Geh- und Radweg. Es sei jetzt viel kommunikativer, über die Brücke zu gehen oder zu radeln, wird gewitzelt. Und alle Nutzer seien sich nun im täglichen Kopfschütteln einig. So etwas schweißt zusammen.

Das allgemeine Kopfschütteln gilt auch für den darauf folgenden Streich - wieder aus dem grün geführten Ressort für Umwelt, Bau und Verkehr. Das hatte die Müllentsorgung neu ausgeschrieben und wohl in Wehmut, weil das eigene Projekt einer Verstromungsanlage für Biomüll am Geld scheiterte, eine solche vom zukünftigen Auftragnehmer verlangt.

Der heimische Entsorger konnte damit nicht aufwarten. Der Bieter, der auch den zweitwichtigsten Aspekt, nämlich möglichst billig zu sein, erfüllte, ist der Global-Player Remondis. Dessen nächstgelegene Anlage, in der Biomüll zu Energie wird, befindet sich aber im rund 100 Kilometer entfernten Osnabrück. Um nicht zu kleine und damit unökonomische Mengen in seiner Verstromungsanlage zu haben, will Remondis in Bremen nun ein Zwischenlager bauen. Die Bewohner des ersten Stadtteils, der dafür ausgeguckt wurde, wehrten sich vehement gegen eine stinkende Halde Biomüll. Deshalb wird nun nach anderen Standortmöglichkeiten gesucht.

Es bleibt aber die Tasache, dass der gesammelte Bremer Biomüll per Lkw die rund 100 Kilometer zur Verstromungsanlage gebracht werden soll. Das das Umweltressort versuchte der massiven Kritik daran mit dem Hinweis zu begegnen, insgesamt sei die Ökobilanz der ausgewählten Methode deutlich besser als die aller anderen Modelle. Doch damit konnte sie nicht punkten - auch Schildbürger haben ihre Leidensgrenze. Die befindet sich - wie sich nun herausstellte - in Bremen beim vor sich hin gärenden Biomüllhaufen vor der Haustür und den Abgasen einer Armada von Müll-Lkw.

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