Amnesty kritisiert Abschiebungen nach Afghanistan

Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien bereits mehr als 5.200 Menschen getötet oder verletzt worden

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Amnesty International kritisiert die Abschiebungen aus europäischen Ländern nach Afghanistan. Die Gewalt dort sei auf einem Höchststand, und keine Region des Landes sei sicher, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Brüssel. Allein 2016 seien in Afghanistan knapp 11.500 Menschen getötet oder verletzt worden. Im ersten Halbjahr 2017 seien es bereits mehr als 5.200 Menschen gewesen, heißt es weiter. Unter den Opfern seien zunehmend Frauen und Kinder. »In ihrer Entschlossenheit, die Zahl der Abschiebungen zu steigern, wenden europäische Regierungen eine Politik an, die rücksichtslos und ungesetzlich ist«, kritisierte Anna Shea, zuständig für Flüchtlingsrecht bei Amnesty International.

In einem Bericht greift Amnesty unterschiedliche Einzelschicksale auf, darunter das eines 24-jährigen Flüchtlings, der aus Schweden nach Afghanistan abgeschoben wurde. Er sei Christ und habe sich in sozialen Netzwerken kritisch über den Islam geäußert, erklärte der junge Mann den Menschenrechtlern. Nun werde sein Foto in seiner Heimat herumgereicht und er habe Angst, erkannt und umgebracht zu werden.

Ein anderer Fall betrifft eine Familie, deren Vater in Afghanistan gekidnappt und misshandelt und erst gegen ein Lösegeld wieder freigekommen sei. Die Familie floh nach Norwegen, wo das Asylgesuch aber abgelehnt wurde. Einige Monate nach der Abschiebung berichtete die Mutter, dass ihr Mann umgebracht worden sei.

Die deutsche Amnesty-Sektion kritisiert insbesondere, dass immer mehr Afghanen aus Deutschland zur Ausreise gezwungen würden. Dabei verstoße jede Abschiebung gegen das Völkerrecht, urteilte Asyl-Expertin Franziska Vilmar. »Die Bundesregierung muss unverzüglich dafür sorgen, dass in Anbetracht der äußerst schlechten Menschenrechts- und Sicherheitslage niemand mehr nach Afghanistan abgeschoben wird.« Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.