In Nordirak geht es um viel Geld
Noch belässt es die Türkei bei Drohungen
Bagdad hat wegen des Streits um das Unabhängigkeitsreferendum in Nordirak die Türkei und Iran gebeten, die Grenzen zu den kurdischen Autonomiegebieten zu schließen. Iraks Außenminister habe den beiden Nachbarländern offizielle Mitteilung über deren Botschaften in Bagdad zukommen lassen, berichtete das Staatsfernsehen am Wochenende. Sie seien zudem gebeten worden, jeglichen Handel mit den kurdischen Gebieten einzustellen.
Spekulationen, die irakische Armee könnte von türkischem Boden und mit türkischer Unterstützung die Kontrolle der Grenze von den Kurden übernehmen, haben sich als falsch erwiesen. Ein paar Panzer hat man vom Grenzmanöver der türkischen Armee am Übergang Ibrahim Khalil zur Autonomen Region Kurdistan noch stehen lassen. Doch das Gros ist abgezogen; auch die zwei Dutzend Soldaten der irakischen Zentralregierung, die hier neben türkischem Militär vor der Kamera die Fahne schwenken durften, sind wieder weg.
In einer anderen Frage zeigte sich zuletzt ebenfalls auffallende Entspannung. Die Reise des türkischen Staatspräsidenten Tayyip Erdogan und seines Generalstabschefs Hulusi Akar nach Teheran Anfang des Monats erweckte den Anschein, die beiden Länder und die irakische Regierung planten ein gemeinsames Vorgehen gegen die kurdischen Separatisten. Dass das nicht auf der Agenda stand, wurde klar, als Irans Präsident Hasan Rowhani nach seinem Gespräch mit Erdogan vor die Kamera trat und sagte: »Das Volk von Irakisch-Kurdistan sind unsere sehr geschätzten Brüder, wir wollen sie nicht unter Druck setzen.«
Dabei schien Iran noch eher bereit, mit der Schließung zweier wichtiger Grenzübergänge tatsächlich Druck zu machen. Doch um wirksam Einfluss zu nehmen, hätte die Türkei zugleich den Grenzübergang Ibrahim Khalil und die Ölpipeline Kirkuk-Ceyhan schließen müssen. Mit beidem hatte Erdogan öffentlich gedroht Doch dann meldete sich sein Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci. Ökonomisches Embargo sei ein »gefährliches Wort« meinte er, denn »unsere Verkäufe kämen zum Stillstand«.
Laut Zeybekci geht es um ein Handelsvolumen von acht bis neun Milliarden Dollar. Über Ibrahim Khalil werden nicht nur Exporte ins kurdische Gebiet abgewickelt, sondern auch in den übrigen Irak und in die Golfstaaten. Eine realistische Alternative gibt es wegen des Bürgerkrieges in Syrien derzeit nicht. Hinzu kommt das Ölgeschäft, das heißt sowohl die Einnahmen der Türkei durch den Weitertransport des Öls als auch die Ölförderung selbst.
Ankara hat Ölförderverträge mit 50 Jahren Laufzeit mit der kurdischen Regionalregierung abgeschlossen. Erdogans Ankündigung, künftig nur noch Förderverträge mit Bagdad anzuerkennen, geht an den Realitäten vorbei. Auf Ankara und Teheran mäßigend eingewirkt haben dürfte auch Moskau, denn Russland hat in letzter Zeit viel in den Erdölsektor in Nordirak investiert. Der Präsident der Autonomen Region Kurdistan, Masud Barzani, hatte sogar damit gedroht, Öl mit russischer Hilfe über Syrien zu exportieren, wenn Ankara den Hahn zudrehen sollte.
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