«Sachsen» liegt vor Schottland

Deutsche Marine übt Raketenabwehr unter US-Führung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutsche Marinesoldaten sollen am Horn von Afrika Piraten jagen, sie gewährleisten den UNIFIL-Einsatz vor Libanon, seit Mai 2015 beteiligen sie sich an der EU-Mission EUNAVFOR MED, um im Mittelmeer Flüchtlinge zu retten und Schleusern das Handwerk zu legen. Man ist in der Ägäis präsent, unterstützt auf Wunsch Frankreichs die Anti-IS-Schläge. Die Operation «Active Endeavour», an der deutsche Marineeinheiten seit 2001 dabei waren, heißt jetzt «Sea Guardian» und natürlich nimmt man an allen vier ständigen NATO-Marineverbänden teil. Kaum vorstellbar, dass da noch Zeit bleibt für die Wartung der Technik, die Ausbildung und Übungen. Doch die Marineführung findet immer wieder Möglichkeiten zur Effektivierung.

Gerade läuft der zweite Abschnitt des größten europäischen Marinemanövers in diesem Jahr. Der erste Teil von «Joint Warrior 17-2» fand im Frühjahr statt, nun üben Militärs aus 14 westlichen Nationen mit Schiffen und Flugzeugen vor der schottischen Küste. Noch bis zum 12. Oktober läuft dieses Kriegsspiel. Beteiligt ist die deutsche Fregatte «Sachsen». Bis zum 18. Oktober findet vor den schottischen Hebriden aber auch ein weiteres Manöver statt. «Formidable Shield 2017» heißt es, und da die «Sachsen» schon mal da ist, wird sie auch teilnehmen.

«Formidable Shield» ist höchst anspruchsvoll, es geht um seegestützte NATO-Raketenabwehr in Europa. Der Aufbau des Systems war beim Lissabon-Gipfel der Allianz 2010 beschlossen worden. 2018 soll es laut Plan seine volle Einsatzbereitschaft erreicht haben. Ursprünglich behaupteten die USA, das System sei aufgebaut worden, um Raketen abzufangen, die in sogenannten Schurkenstaaten gestartet werden könnten. Doch nicht nur in Moskau hat man diese Erzählungen nie geglaubt. Die vier permanent ins spanische Rota verlegten hochmodernen US-Zerstörer sollen die NATO in die Lage versetzen, anfliegende russische Raketen abzufangen. Die Kosten sind enorm, weshalb man in Washington beschlossen hat, den «Ehrgeiz» anderer NATO-Partner zu wecken. Inzwischen sind neben den USA, Kanada und Australien auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Norwegen und Spanien Mitglieder des sogenannten Maritime Theatre Missile Defense.

Bereits vor zwei Jahren hatte die «USS Ross» beim Manöver «At Sea Demonstration», das gleichfalls im nördlichen Teil des Atlantiks stattfand, eine ballistische Rakete abgefangen. An den Erfolg will man anknüpfen. An der aktuellen Übung nehmen unter Führung eines US-Zerstörers vom Aegis-Typ Flugzeuge und Schiffe aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada, den Niederlanden und Spanien teil. Im scharfen Schuss sollen zwölf Ziele bekämpft werden. Höhepunkt ist das Abfangen einer Terrier Oriole Rakete. Die ist eigentlich mal als Höhenforschungsrakete entwickelt worden. Im Manöver wird sie von der schottischen Insel Benbecula gestartet und simuliert mit einer Geschwindigkeit von fast 15 000 Kilometern pro Stunde den Anflug einer atomar bestückten ballistischen Rakete. Wesentliches Ziel der Übung, so erklärt die Deutsche Marine, sei nicht, die Fähigkeiten einzelner Schiffe zur Luftraumverteidigung und Flugkörperbekämpfung zu verbessern. Man wolle vielmehr einen Verbund schaffen, in den jedes Schiff seine spezifischen Fähigkeiten einbringt«. Die »Sachsen« kann einen Luftraum von 800 Kilometern Durchmesser überwachen.

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