Keine Beweise für G20-Falle
Hamburgs Senat kann Vorwürfe gegen Randalierer nicht belegen
Berlin. Der Hamburger Senat hat eingeräumt, dass er einen Teil seiner bisherigen Vorwürfe gegenüber Demonstranten während der G20-Proteste im Juli nicht beweisen kann. Dies geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion in Hamburg, Christiane Schneider, zu gefundenen Beweismitteln hervor. Verschiedene Angaben hat die Polizei demnach geändert. Die Behörde erklärte laut Senat etwa, dass »nach derzeitigem Kenntnisstand« keine Molotowcocktails, Gehwegplatten, Steine oder Eisenstangen als Beweismittel gesichert wurden. Auch Hinweise auf eine »selbst gemachte Eisenspeere« konnten nicht bestätigt werden.
Dutzende Personen hatten umgeben von Schaulustigen am Abend des 7. Juli während der G20-Proteste im Schanzenviertel Barrikaden angezündet und Geschäfte geplündert. Die Polizei ging erst nach Stunden gegen die Randalierer vor. Sie begründete ihr langes Warten damit, dass militante G20-Gegner womöglich Gegenstände von Dächern auf Beamte werfen wollten. Hamburgs Innensenator Andy Grote sprach von einem »bewaffneten Hinterhalt«, der Einsatz von hochgerüsteten SEK-Einheiten gegen Demonstranten wurde damit begründet. Der Schusswaffengebrauch war nach Aussage eines Einsatzführers für die Polizisten freigegeben.
Polizeisprecher Timo Zill betonte trotz der Senatserklärung, dass die Polizei an der grundsätzlichen Darstellung der Abläufe an jenem Abend ausdrücklich festhalte: »Es hat massive Angriffe aus dem Viertel heraus auf die eingesetzten Beamten gegeben. Es hat den Hinweis des Verfassungsschutzes auf einen Hinterhalt gegeben. Es liegt auch Videomaterial vor, wie Personen von Dächern Gegenstände werfen«, sagte Zill.
Christiane Schneider von der Hamburger Linkspartei übte Kritik an den Sicherheitsbehörden. »Die Zweifel an der Begründung der Polizei für ihren Rückzug aus dem Schulterblatt sind enorm gewachsen«, kommentierte die Politikerin. »Dieser Komplex muss zweifelsfrei aufgeklärt werden, gerade weil es ja massive Vorwürfe von Anwohnern gab, dass sie im Stich gelassen worden sind.« Der Senat räumte laut »Spiegel« in seiner Antwort ein, dass die Kriminalpolizei erst vier Tage nach den Ausschreitungen im Schanzenviertel damit begonnen habe, vor Ort Beweismittel zu sichern. Polizeisprecher Ulf Wundracker erklärte, die Beamten seien noch dabei, die Vorgänge komplett auszuwerten. »Wir haben sehr viel Asservate sichergestellt. Die Auswertung und Zuordnung dauert noch an«, sagte er. Mehrere Demonstranten waren in den vergangenen Wochen aufgrund von Flaschen- und Steinwürfen verurteilt worden.
Die CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg wollte derweil mittels einer Großen Anfrage an die Landesregierung offenbar herausfinden, in welchem Umfang Studenten an den G20-Protesten beteiligt waren. So fragte sie laut dem »SWR« unter anderem nach, ob Aufrufe unter Studierenden bekannt sind, im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel nach Hamburg zu fahren. Das Wissenschaftsministerium reagierte irritiert. Die Sprecherin Theresia Bauer (Grüne) antwortete: »Wir überwachen keine Studierenden.« nd/Agenturen
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