Geringe Bewährungsstrafe für türkischen Spion

Gericht: MIT-Informant Fatih S. ging »nicht sehr professionell« vor / Vermeintliche Mordpläne spielten keine Rolle

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der türkische Staatsbürger Fatih S. ist wegen Spionage für den türkischen Geheimdienst zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Das Hamburger Oberlandesgericht sah es am Dienstag als erwiesen an, dass der Kurde mit dem türkischen Geheimdienst MIT zusammengearbeitet hat. Der Angeklagte soll über mehrere Monate hinweg die kurdische Szene insbesondere im Raum Bremen ausgeforscht haben. Als Strafe muss der 32-Jährige 21 000 Euro zahlen. Dies sei der Mindestbetrag, den S. vom MIT für seine Spionagetätigkeiten erhalten habe, so die Richterin.

Der Vorwurf gegenüber den Angeklagten lautete »Geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland«. Fatih S. legte kein Geständnis ab, bestätigte aber Drohungen sowie eine Weitergabe von Informationen an den MIT.

Das angesichts der Brisanz des Falles relativ schwache Urteil wurde mit verschiedenen Umständen begründet: Zum einen hielt das Gericht Fatih S. zu Gute, dass er »nicht sehr professionell« vorgegangen war, auch die Verteidigung nannte sein Verhalten »dilettantisch«. Die gewonnen Informationen wären laut der Richterin falsch oder hätten wenig Relevanz gehabt. Zum anderen habe sich aber auch die Kronzeugin, die ehemalige kurdische Partnerin von S., in Widersprüche verwickelt.

Cihan E. hatte berichtet, dass S. versucht habe, sie für den MIT anzuwerben, als sie bei ihm belastendes Material fand. Anstatt auf das Angebot einzugehen, informierte sie jedoch kurdische Aktivisten, Journalisten und Politiker über ihre Entdeckung. Ihre Aussage im Gericht fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt.

Die Richterin erklärte laut »Spiegel« nach der Verhandlung, dass es sich bei dem Fall um einen »innertürkischen Konflikt handelt, der in Deutschland ausgetragen wird«. Bei diesem würde die Justiz an ihre Grenzen kommen, da sie nicht mehr den Schutz von Menschen in der Türkei gewährleisten könne. Die Bundesrepublik sei aber laut »Taz« von den Spionagetätigkeiten nur »im unteren Bereich tangiert« wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zumindest die kurdische Gemeinde Deutschlands dürfte über dieses Verhandlungsergebnis nicht erfreut sein. Im April 2016 erfuhr der Kurde Yüksel Koc, Ko-Vorsitzender des »Kongresses der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa« - laut Verfassungsschutz PKK-nah -, dass er neben einer weiteren Person auf einer mutmaßlichen Todesliste von Fatih S. stand. Dessen ehemalige Partnerin hatte von der Existenz solcher Papiere berichtet. Selbst das Gericht sah es als erwiesen an, dass Fatih S. vom MIT auf Koc zur Informationsgewinnung angesetzt war.

Der Anwalt des kurdischen Politikers beschrieb auf einer Pressekonferenz im September, dass die Behörden die Gefahr nach Bekanntwerden der Todesliste nicht ernst nahmen. Erst durch den Druck von kurdischen Organisationen und der Hamburger Linkspartei-Abgeordneten Cansu Özdemir wurden Ermittlungen eingeleitet. Auf die Mordpläne war die Staatsanwaltschaft zum Unverständnis vieler Kurden jedoch nicht eingegangen.

Auch aufgrund der relativ schwachen Bewährungsstrafe steht damit weiterhin die Frage im Raum, ob seitens der Staatsanwaltschaft versucht wird, eine Eskalation der Affäre zu vermeiden. Die Beziehungen zur Türkei könnten sich dadurch schließlich weiter verschlechtern.

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