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Ping-Pong mit Polizei und Sprühdose
Beamte in Leipzig wiederholt mit Rassismusvorwürfen konfrontiert / Grotesker Streit um Graffiti an Connewitzer Sportanlage
Bernd Merbitz zürnt. Als Stimmungsmache, Stigmatisierung und »Unverschämtheit« bezeichnet der Leipziger Polizeipräsident den Vorwurf, seine Truppe sei rassistisch. Dagegen, erklärte der Polizeiführer dieser Tage in einer langen Mitteilung, verwahre er sich ganz entschieden.
Der Vorwurf steht im Raum, seit zwei Referenten einer kürzlich in der Stadt ausgerichteten Konferenz über Migration und Entwicklung von Polizisten höchst unsanft aus ihren Betten geholt wurden. Die beiden Männer aus Kamerun wurden dabei nach eigenen Aussagen rüde angefasst, einer gar in Handschellen gelegt. Merbitz verweist zur Begründung des Einsatzes auf den Anruf eines Nachbarn, dem nächtlicher Besuch in der Wohnung einer Tagesmutter aufgefallen sei. Einer der Männer habe sich aggressiv verhalten. Die Organisatoren der Konferenz widersprechen energisch. Richard Djif, einer der betroffenen Referenten, fragt, ob die Beamten ebenso gehandelt hätten, wenn ihnen »eine weiße Person die Tür geöffnet hätte«.
Dass Merbitz auf den Vorwurf so empfindlich reagiert, mag auch in vorangegangenen Vorfällen begründet sein. Zum einen war seine Truppe nur Tage zuvor bereits mit einer Pressemitteilung angeeckt. Diese berichtete über einen wiederholt straffällig gewordenen Mann aus Libyen - unter der Überschrift »Straftatbegehung als Form der Begrüßungshandlung?« Es hagelte Kritik; die Polizei rede der AfD nach dem Munde, hieß es - ausgerechnet am Tag nach deren Erfolg bei der Bundestagswahl. Daraufhin ruderte die Behörde zurück: Der »wertende Charakter« werde eigenen Ansprüchen an Objektivität und Sachlichkeit nicht gerecht, hieß es kleinlaut.
Ein Wort, das Kritiker der Behörde in beiden Fällen umgehend unter die Nase rieben, ist »Polizeirassismus«. Es spielt an auf einen verbalen Ausrutscher, den sich Beamte im Zuge eines bizarren Scharmützels in der Leipziger Südvorstadt leisteten. Dort ist an einer Basketballanlage zu lesen: »No Cops. No Nazis. Antifa-Area«. Zumindest der erste Teil der Aufschrift ist der Polizei ein Dorn im Auge. Sie ließ ihn übertünchen - was freilich nicht lange hielt: Die Wörter tauchten wieder auf. Nachdem sie erneut entfernt worden waren, wurde der Ort des Geschehens zeitweise bewacht - durch Beamte des »Fachdiensteinsatzzuges Lebensbedrohliche Einsatzlagen«.
Das sorgte für mediale Aufmerksamkeit, diese wiederum für bissige Kommentare - durch die sich die Polizisten wohl genervt fühlten. »Wenn es dort keinen Polizeirassismus mehr gibt«, hieß es am 17. September auf Twitter mit Bezug auf die Sportanlage, »können wir uns auch um andere Sachen kümmern«. Es entbrannte ein hitziger Austausch, in dem unter anderem angemerkt wurde, dass »Polizei« eine Berufsgruppe und keine »Rasse« sei - in dessen Verlauf aber dann von Seiten der Beamten sogar unterstellt wurde, mit dem Graffiti werde »eine No-go-Area für Polizisten propagiert«; immerhin habe es in dem Leipziger Stadtteil »mehrfach Übergriffe« gegeben. Der Begriff »No-go-Area« wird üblicherweise auf Gegenden angewendet, in denen Nazis so präsent sind, dass sie von Menschen, die von Rassismus betroffen sind oder etwa linksalternativen Jugendlichen aus Vorsicht gemieden werden.
Inzwischen ist das Fahrzeug des »Einsatzzugs« abgerückt. Wie viele Beamte wie lange eingesetzt waren, um den Ballsportplatz zu bewachen, bleibt unklar; auf Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Jule Nagel erklärte das Innenministerium, eine »gesonderte Erfassung des Personal- und Zeitaufwandes« sei nicht erfolgt, die Bewachung vielmehr »im Rahmen des täglichen Dienstes« abgewickelt worden. Auch die Frage, welche Delikte in dieser Zeit festgestellt, welche »politische Einordnung« erfolgt sei und ob Strafverfahren eingeleitet wurden, beantwortete das Ministerium nicht.
Derweil geht das Ping-Pong-Spiel mit der Sprühdose weiter. Im Wettstreit um das Entfernen und erneute Anbringen des »No Cops«-Schriftzuges steht es aktuell 6 : 6.
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