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AfD stellt sich selbst ein Bein

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Montagmorgen nach der niedersächsischen Landtagswahl herrschte in der AfD-Führung keine Euphorie. Positiv ließe sich aus ihrer Sicht formulieren: Minimalziel erreicht, die Rechten sitzen nun in 14 Landesparlamenten. Doch weder Parteichef Jörg Meuthen noch sein Vize Alexander Gauland verbreiteten in der Berliner Bundespressekonferenz Begeisterung. Meuthen versuchte nicht einmal, Ausreden für die eher mageren 6,2 Prozent zu finden. Geradezu sachlich erklärte der Parteichef: Das Ergebnis hänge mit regionalen Besonderheiten und den Querelen im Landesverband zusammen.

Tatsächlich kommt diese Analyse wohl nah an die Wahrheit heran. Wie tief die Gräben im Landesverband sind, zeigte sich noch am Wahlsonntag. Während Spitzenkandidatin Dana Guth mit ihren Anhängern den Abend in Salzgitter verbrachte, wartete Landeschef Armin-Paul Hampel in Barsinghausen bei Hannover die 18-Uhr-Prognose ab.

Guth und Hampel gelten als tief zerstritten. Ein Parteitag im August kürte die 47-Jährige gegen den erklärten Willen des Parteichefs zur Spitzenkandidatin. Das ist überraschend, weil Guth nur fünf Monate zuvor in einer Abstimmung um den Landesvorsitz Hampel unterlag.

Unumstritten ist keiner von beiden: Nur zwei Wochen vor der Landtagswahl schloss die Göttinger Kreistagsfraktion Guth aus ihren Reihen aus, das zuständige Verwaltungsgericht erklärte diese Entscheidung kurz darauf für ungültig. Der politische Scherbenhaufen war da längst angerichtet: Wie überzeugend kann eine Spitzenkandidatin sein, die ihre Fraktionskollegen loswerden wollen?

Nicht gerade einem starken Wahlergebnis förderlich dürfte auch die polizeiliche Hausdurchsuchung bei Landeschef Hampel vor einer Woche wegen des inzwischen widerlegten Vorwurfs des Betruges gewesen sein. Hampel selbst mutmaßte, mit der Anzeige wolle ihn jemand politisch schädigen.

Für ihn stehen nun turbulente Tage an. Am Sonntag hatten die Wahllokale noch nicht einmal geschlossen, da kursierte bereits ein von sieben Landesvorstandsmitgliedern mitgetragenes Schreiben, in dem die Unterstützer Vorstandsneuwahlen forderten. »Ein Vorsitzender sollte nach unserer Auffassung transparent arbeiten, fair mit Kritikern umgehen, organisieren, strukturieren und führen können«, heißt es darin. Am Montag erklärte der Angegriffene, er sei von dem Schreiben überrascht, denke aber nicht an einen Rückzug. Ob seine Gegenspielerin Guth von dem Papier profitiert? Immerhin klingen die gegen sie erhobenen Vorwürfe aus der Göttinger Kreistagsfraktion ähnlich.

»Wir müssen uns jetzt endlich wieder an Inhalten messen lassen«, appellierte Hampel am Wahlabend an seine Partei. Ob die niedersächsische AfD künftig mit landesbezogener Sacharbeit punkten kann? Als ein Journalist Guth in der Bundespressekonferenz fragte, wie sich das Küstenland Niedersachsen auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten sollte, wurde die Spitzenkandidatin schmallippig. Viel sagen könnte sie dazu ohnehin nicht: Im Landeswahlprogramm kommen Stichworte wie Küstenschutz und Deichbau nicht vor.

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