NRW: Zahl der Mitmach-Etats geht zurück
Nur noch 16 Kommunen haben Bürgerhaushalte
Münster. Von der neuen Buslinie bis zum Mülleimer auf dem Spielplatz: Im vergangenen Jahr konnten Bürger in 16 Kommunen Nordrhein-Westfalens beim kommunalen Haushalt direkt mitwirken. Das sind deutlich weniger Mitmach-Etats als noch vor fünf Jahren. Darauf weist Volker Vorwerk hin, Berater von Gemeinden in Sachen Bürgerhaushalt. Bei dem Konzept können Bewohner der Gemeinde vorschlagen, wofür Geld ausgegeben wird - und wo es gespart werden soll. 2011 hatten noch 37 Kommunen in NRW einen Mitmach-Etat.
Erstmals wurde das aus Neuseeland und Brasilien stammende Konzept in Deutschland 1998 umgesetzt, in NRW war es im Jahr 2000. 2016 gab es bundesweit mindestens 55 Kommunen mit einem Mitmach-Etat - bei mehr als 10 000 Kommunen in Deutschland. Der Politikwissenschaftler Oliver Treib von der Universität Münster sagte dazu: »Elemente direkter Demokratie wie der Bürgerhaushalt können dazu führen, politikferne Menschen, die über Wahlen nicht mehr erreicht werden, wieder näher an den politischen Prozess heranzuführen.« Allerdings seien die Voraussetzungen, um bei einem Bürgerhaushalt mitzumachen, oft sehr hoch. »Häufig spricht das eher ein sehr gebildetes Klientel an«,so Treib.
Laut Gemeindeordnung in NRW muss in jeder Kommune der Entwurf des Haushaltsplans öffentlich ausgelegt werden - und Bürger können Einwendungen machen. Eigentlich gibt es einen Bürgerhaushalt oder Mitmach-Etat also überall. »Die öffentliche Einsicht nutzt aber kaum jemand«, erläutert Vorwerk. Denn die Haushaltsentwürfe mit ihren komplexen Tabellen seien häufig nur für Finanzexperten zu verstehen.
In Gemeinden mit Bürgerhaushalten macht die Kommune dagegen aktiv Werbung dafür, dass Bürger sich einbringen. Sie werden etwa per Post dazu aufgefordert. Der Etatplanentwurf wird für Laien verständlich aufbereitet.
Und trotzdem: Auch bei den Mitmach-Etats sind die Beteiligungszahlen überschaubar. »Häufig nehmen rund ein Prozent der Einwohner an den Bürgerhaushalten teil und machen Vorschläge«, sagt Vorwerk. Es gibt aber Ausnahmen wie in Stuttgart. Dort machen rund zehn Prozent der Bürger mit. Vorwerk glaubt, dass die Beteiligungsquote auch stark davon abhängt, wie bekannt das Konzept in einer Stadt ist.
In Münster beteiligten sich zuletzt 0,76 Prozent der Bürger beim Bürgerhaushalt, heißt es von der Stadt. Der Bürgerhaushalt unterstützte etwa die Idee einer neuen Ringbuslinie, die seit Oktober in der Stadt existiert. In Münster gab es 2011, 2012, 2014 und 2016 einen Bürgerhaushalt. Da die Beteiligung kaum gesteigert werden konnte, wird das Konzept nun überarbeitet.
Mit einem neuen Ansatz sind nun Wuppertal und Gelsenkirchen gestartet. Dort gibt es ein Bürgerbudget. In Wuppertal sind es 150 000 Euro, in Gelsenkirchen 200 000. In Wuppertal bekamen am Montag sechs Projekte den Zuschlag. Mit jeweils 50 000 Euro werden ein Kinderspielplatz aufgemöbelt und ein Urban-Gardening-Projekt gestartet. Die weiteren vier Projekte teilen sich die restliche Summe. OB Andreas Mucke (SPD) erklärte, er wünsche sich für die Zukunft aber eine »deutlich höhere Beteiligung« - nur gut 1600 Wuppertaler machten überhaupt mit. dpa/nd
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