• Amazon

Amazon-Mitarbeiter streiken in Leipzig, Bad Hersfeld und Koblenz

  • Lesedauer: 3 Min.

Leipzig. Die Gewerkschaft Verdi hat mit Streiks an mehreren deutschen Standorten auf den Tarifkonflikt beim Online-Versandhändler Amazon aufmerksam gemacht. Verdi rief am Montag Beschäftigte in Bad Hersfeld (Hessen), Leipzig (Sachsen) und Koblenz (Rheinland-Pfalz) dazu auf, die Arbeit nieder zu legen. Der Versandhändler geht an diesem Tag von besonders vielen Bestellungen aus und hat Überstunden für die Beschäftigten angeordnet, teilte die Gewerkschaft ver.di mit. »Die Streikenden rechnen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Betriebsabläufe«, sagte Streikleiter Thomas Schneider. Ein Amazon-Sprecher sagte aber in München: »Der Streik hat keinen Einfluss auf die Einhaltung unseres Kundenversprechens, denn die überwältigende Mehrheit unserer Mitarbeiter arbeitet normal.«

In Bad Hersfeld beteiligten sich am Montagmittag rund 400 Beschäftigte am Streik. »Wir stehen hier und können nicht anders«, so Mechthild Middeke von ver.di Hessen gegenüber »nd«. Auf der Streikversammlung habe man beschlossen »immer wieder überraschend weiterzumachen«.

Seit Mai 2013 gibt es immer wieder Streiks und eine langjährige Organisierungskampagne. Das Internetunternehmen ist aufgrund der prekären Arbeitsbedingungen und schnell wechselnder Belegschaften traditionell keine Hochburg gewerkschaftlicher Organisierung. Aktuell organisiert ver.di in Bad Hersfeld bei dem Online-Versandhändler rund ein Drittel der Belegschaft.

Es gebe »Ermüdungserscheinungen« bei einigen Kollegen, die sich nicht mehr an Streiks beteiligen, doch gleichzeitig auch Eintritte in die Gewerkschaft und mehr Beteiligung von anderen, sagt ver.di-Vertreterin Middeke. Ursache dafür sei dieses Jahr auch mehr Stress als sonst im Betrieb gewesen.

Verdi fordert von Amazon die Anerkennung des Branchentarifvertrags für den Einzel- und Versandhandel. Der Branchenprimus aus den USA lehnt das bisher ab: Amazon beweise, dass man auch ohne Tarifvertrag ein fairer und verantwortungsvoller Arbeitgeber sein könne. »Wir bezahlen in unseren Logistikzentren am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist, an allen Standorten in Deutschland mindestens 10,52 Euro brutto pro Stunde«, sagte ein Amazon-Sprecher.

»Sie bezahlen immer genau soviel, das sie sich einigermaßen sicher sein können, das sie im regionalen Umfeld genuegend Arbeitskräfte finden«, kritisiert Middeke. Im September etwa habe es in Bad Hersfeld eine Lohnerhöhung von 25 Cent pro Stunde gegeben. Das seien je nach Gehalt 1,8 bis 2 Prozent, sagt die Gewerkschafterin. Doch Amazon stehe in Konkurrenz mit dem stationären Einzelhandel und sollte sich deswegen an diesem orientieren. »Letztlich orientieren sie sich aber an gar keinem Tarifvertrag«, kritisiert Middeke.

Amazon verfügt über 31 Versandzentren in sieben Ländern, allein in Deutschland sind es neun Logistikzentren. Der größte Standort hierzulande liegt im osthessischen Bad Hersfeld mit zwei Warenlagern. Amazon beschäftigt nach eigenen Angaben in Deutschland rund 14.500 festangestellte Mitarbeiter. dpa/nd

Lesen Sie weitere aktuelle Meldungen in unserem ndDirekt-Stream.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.