Mächtigster Mann der Wirtschaft
Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf-E. Breuer wird 80
»Wenn einer meiner Enkel mich fragt, ob er in die Bank gehen soll, würde ich ihm abraten«, bekennt einer der bekanntesten Banker der vergangenen Jahrzehnte. Rolf-E. Breuer zeigt sich in einem Interview inzwischen überzeugt davon, dass die goldenen Zeiten seiner Branche vorbei sind. In den Jahren 1997 bis 2002 hatte er die damalige Nummer eins der europäischen Geldbranche - die Deutsche Bank - als Vorstandssprecher geführt und stand danach bis 2006 an der Spitze des Aufsichtsrates.
Als der Vater von fünf Kindern oben an der Spitze ankam, galt er als Kandidat des Übergangs, allein schon aufgrund seines fortgeschrittenen Alters. Breuer befand sich damals bereits im 60. Lebensjahr. Auch persönlich stand er zu diesem Zeitpunkt gleichermaßen zwischen der »alten« und der »neuen« Deutschen Bank. Wie sein Vater hatte er noch eine klassische Banklehre absolviert - bei der Deutschen Bank in Mainz und München. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften und verbrachte sein gesamtes Arbeitsleben bei Deutschlands Nummer eins im Bankensektor. Breuer leitete ab 1974 auch die Börsenabteilung der Bank, modernisierte die Börse in Frankfurt am Main und hoffte, in absehbarer Zeit ein Drittel der Bankerträge in Asien einzukassieren. Ab 1985 saß er im Vorstand des Institutes.
Rolf-E. - das »E« steht für Ernst - gilt Beobachtern als »rheinisch-impulsiv«, »smart« oder »sehr kommunikativ«. Wie seine Vorgänger war der mächtigste Mann der deutschen Wirtschaft durchaus politisch. Vor der Bundestagswahl 1994 warnte Breuer medienwirksam auf einer Tagung der Weltbank vor einer Abwahl der schwarz-gelben Koalition von Helmut Kohl durch die »roten Socken«: Andernfalls drohe eine heftige Börsenreaktion und eine schlagartige Kapitalflucht aus Deutschland.
Das CDU-Mitglied trieb den Wandel des klassischen Kreditinstituts zu einer Investmentbank nach angelsächsischem Vorbild voran. Als spektakulärer Coup galt die Übernahme der siebtgrößten US-Investmentbank Bankers Trust. Die Gier nach ex- tremen Renditen - etwa 25 Prozent aufs Eigenkapital - endete später in milliardenschweren Strafzahlungen im zweistelligen Bereich in den USA und Asien.
Obwohl der oft verbissen wirkende Breuer selbst kein geldgieriger Investmentbanker war, kommt er dem Institut dennoch teuer zu stehen. Eine möglicherweise unbedachte Äußerung über das deutsche Medienimperium von Leo Kirch, gefallen in einem Fernsehinterview mit dem US-Sender Bloomberg, kostet die Deutsche Bank nach langwierigem Rechtsstreit rund eine Milliarde Euro, die man als Schadensersatz an die Kirch-Erben überweisen muss. Breuer selbst musste für seinen Fehlgriff 3,2 Millionen Euro an seinen früheren Arbeitgeber zahlen. Am heutigen Freitag wird er 80 Jahre alt.
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