Linksgrüne in Island mit Regierungsbildung beauftragt
Zum ersten Mal seit 1944 könnte es eine linke Regierung geben / Vierer-Koalition wäre notwendig
Reykjavik. Nach der Parlamentswahl in Island soll die Chefin der Linksgrünen, Katrin Jakobsdottir, eine neue Koalitionsregierung bilden. Islands Präsident Gudni Johannesson erteilte ihr am Donnerstag bei einem Treffen in Reykjavik formal den Auftrag zur Regierungsbildung, wie sie selbst mitteilte.
Die Suche nach einer mehrheitsfähigen Koalition dürfte schwierig werden. Im neuen isländischen Parlament sind acht Parteien vertreten. Die drei linksgerichteten Parteien - Jakobsdottirs Linksgrüne, die Sozialdemokratische Allianz und die Piratenpartei - verfehlten bei der Wahl eine Mehrheit für ein Dreierbündnis.
Die Entscheidung des Präsidenten zugunsten Jakobsdottir ist eine Überraschung. Normalerweise beauftragt der isländische Präsident zunächst den Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung.
Dies wäre der bisherige Ministerpräsident Bjarni Benediktsson von der konservativen Unabhängigkeitspartei, die mit 16 der 63 Parlamentssitze zur stärksten Kraft wurde. Benediktsson hatte sich um den Auftrag zur Regierungsbildung bemüht; allerdings ist er von mehrere Skandalen belastet. Die Linksgrünen waren mit elf Sitzen zweitstärkste Kraft geworden.
Jakobsdottir muss nun versuchen, andere Parteien in die Koalition einzubinden. Seit Ausrufung der Republik 1944 hat Island erst einmal eine linksgerichtete Regierung gehabt.
Für die Isländer war es die zweite Parlamentswahl innerhalb eines Jahres. Benediktsson hatte das Parlament vor einem Monat aufgelöst, nachdem seine Mitte-rechts-Koalition ihre hauchdünne Mehrheit im Parlament verloren hatte. Sein ehemaliger Koalitionspartner Glänzende Zukunft wirft Benediktsson vor, seinen Vater in einer umstrittenen Justizangelegenheit gedeckt zu haben.
Schon zuvor war der Regierungschef in Skandale verstrickt. So war sein Name in den Enthüllungen der »Panama Papers« aufgetaucht. Diese hatten mehrere isländische Politiker zum Rücktritt gezwungen, unter ihnen im April 2016 der damalige Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson. afp/nd
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