Allein unter Männern

  • mak
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Obwohl Marie Curie 1903 den Physiknobelpreis erhalten hatte, wurde sie nicht in die französische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. In einer Abstimmung unterlag sie im Januar 1911 einem männlichen Konkurrenten. Und wie die Zeitung »Le Figaro« befand, ganz zu Recht, denn »man solle nicht versuchen, die Frau dem Mann gleich zu machen«. Es dauerte noch bis 1962, ehe mit Marguerite Perey, der Entdeckerin des Elements Francium, erstmals eine Frau zum korrespondierenden Mitglied der französischen Akademie gewählt wurde.

Auch in Deutschland blieb es Wissenschaftlerinnen lange verwehrt, in höhere akademische Positionen aufzusteigen. Die erste Frau, die an einer deutschen Hochschule einen Lehrstuhl erhielt, war 1923 die Agrarchemikerin Margarete von Wrangell. Bis zu ihrem Tod 1932 leitete sie ein Institut zur Erforschung von Phosphatdüngung an der Universität Hohenheim. Zu den wenigen Frauen, die in der Weimarer Zeit zu Professorinnen ernannt wurden, gehörte auch die Physikerin Lise Meitner, die später eine wichtige Rolle bei der Entdeckung der Kernspaltung spielte.

An den meisten deutschen Universitäten standen zwischen 1917 und 1945 jeweils nur ein bis zwei Frauen in einem akademischen Beschäftigungsverhältnis. Eine Ausnahme bildete die Universität Berlin, an der während des genannten Zeitraums 25 Privatdozentinnen lehrten. Erstaunlicher noch ist die Tatsache, dass an den Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 14 Abteilungsleiterinnen arbeiteten, darunter die Hirnforscherin Cécile Vogt und die Physikerin Isolde Hausser. Beide waren zugleich Wissenschaftliche Mitglieder der Gesellschaft.

Anders sah die Situation an der Preußischen Akademie der Wissenschaften aus. Frauen gab es hier nur als Ehrenmitglieder. Das blieb so bis 1964. In diesem Jahr wurde mit der Althistorikerin und Schriftstellerin Liselotte Welskopf-Henrich erstmals eine Frau zum ordentlichen Mitglied der 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone wiedereröffneten Deutschen Akademie der Wissenschaften ernannt.

In den letzten hundert Jahren ist immerhin die Zahl der Studentinnen in Deutschland merklich gestiegen. Waren 1913 nur etwa 8 Prozent aller Studierenden weiblich, so sind es heute rund 50 Prozent. Das gilt zu Recht als emanzipatorischer Fortschritt, allerdings wird gern vergessen, dass in der DDR bereits 1985 mehr Frauen als Männer ein Studium aufnahmen.

Doch ähnlich wie in der Wirtschaft beschränkt sich auch in der Wissenschaft die Chancengleichheit nur auf den Beginn der beruflichen Laufbahn. Danach geht die Schere zwischen den Geschlechtern auseinander. Bei den Promotionen beträgt der Frauenanteil derzeit 44 Prozent, dagegen sind die Lehrstühle nur zu 19 Prozent von Frauen besetzt. In traditionell männerdominierten Fächern wie Physik und Astronomie ist das Ungleichgewicht noch größer. So lehrten im Jahr 1993 in ganz Deutschland nicht mehr als 20 Physikprofessorinnen. Mittlerweile ist deren Zahl auf über 130 gestiegen - bei insgesamt rund 1400 Professorenstellen für Physik. Das entspricht einem Frauenanteil von nicht einmal zehn Prozent. mak

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