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Der große Reformbedarf bleibt
LINKE-Fraktionschef Ralf Christoffers: Es geht um gleichwertige Lebensbedingungen im Land
»Die so gescheiterte Verwaltungsstrukturreform ist gewiss kein Ruhmesblatt«, sagte Ralf Christoffers, Fraktionschef der LINKEN im Potsdamer Landtag, am Freitag im Gespräch mit »nd«. Dennoch sei der Schritt, den Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch bekanntgegeben hatte, für die Brandenburger LINKE nicht gänzlich überraschend gekommen.
Für ihn sei nach der zweitägigen Anhörung Mitte Oktober im Innenausschuss des Landtages klar gewesen, dass dringender Handlungsbedarf bestand. »Mit der offenkundigen Ablehnung der Kreisreform durch die gesamte kommunale Ebene hatte sich eine völlig veränderte politische Lage ergeben«, so Christoffers. »Es hätte keinen Sinn gemacht, ein Gesetzesvorhaben ins Parlament einzubringen, es abzustimmen und hinterher festzustellen, dass sowohl keiner der notwendigen Partner zur Umsetzung bereit ist als auch die gesellschaftliche Akzeptanz fehlt.«
Es sei der Koalition nicht gelungen sei, Identifikationsfragen und Verlustängste bei den Menschen auszuräumen. Darüber hinaus sei es auch nicht gelungen, deutlich zu machen, dass die Neuordnung der Verwaltung in der Perspektive mehr Sicherheit schafft. »In der öffentlichen Diskussion haben wir uns wohl auch zu stark auf die kreisfreien Städte und zu wenig auf den ländlichen Raum konzentriert. Insgesamt haben wir nicht die notwendigen Mehrheiten erreicht.«
Ralf Christoffers war Befürworter der Verwaltungsstrukturreform. Vielleicht hätte man das Projekt eher stoppen sollen, fragt auch er sich. Doch er habe nichts davon gehalten, sie isoliert zu betrachten. »Ich habe die Kreisreform nie als das ›zentrale Projekt der Koalition‹ bezeichnet«, sagte er. »Für mich war sie wichtiger Bestandteil eines ganzen Reformpakets. Dazu gehören unter anderem auch der gemeinsame Landesentwicklungsplan mit Berlin, das Finanzausgleichsgesetz, das die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen regelt, die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes aber auch der soziale Wohnungsbau.« Nur in diesem größeren Zusammenhang habe die Debatte um eine Strukturreform der öffentlichen Verwaltung Sinn entfaltet.
»Wenn es aber nicht gelingt, dafür Mehrheiten zu finden, dann gehört es für mich zum politischen und demokratischen Verständnis, zu sagen: stopp, wir ziehen das jetzt zurück.« »Nun müssen zunächst die beiden von der Regierung in den Landtag eingebrachten Gesetzesentwürfe zurückgezogen werden«, so der Fraktionschef. »Nur so wird der Weg frei, um in Ruhe auszuloten, was jetzt von deren Inhalt noch umsetzbar ist.« Man werde darüber mit den Spitzen der SPD im nächsten Koalitionsausschuss beraten und gemeinsame Positionen festlegen. Der Ministerpräsident werde sich dazu Mitte November in einer Regierungserklärung im Landtag äußern. »Dabei geht es aber nicht um etwas, das binnen eines Jahres erreicht werden kann, sondern wir reden hier von einem längeren Zeitraum.«
Die LINKE hat in ersten grundsätzlichen Überlegungen die nächsten notwendigen Schritte skizziert. Am Mittwoch hatten Landeschef Christian Görke und Ralf Christoffers in einer gemeinsamen Erklärung die Absage der Kreisreform verteidigt. Zugleich konstatierten sie: »Unstrittig ist sowohl im Ergebnis der Enquete-Kommission der vergangenen Legislaturperiode als auch des Diskussionsprozesses in der jetzigen, dass es einen Veränderungsbedarf gibt. Das wurde auch an der Vielzahl von Vorschlägen deutlich, die aus den Kreistagen gekommen sind. Vieles davon ist notwendig, unabhängig davon, ob es zu einer Zusammenlegung von Kreisen kommt.«
Zu den Vorschlägen, die die LINKE ihrem Koalitionspartner unterbreitet, zählt laut Christoffers ein Demokratiepaket zur Sicherung von Bürgerbeteiligung. Zudem wolle man die ehrenamtliche Arbeit von Kreistagsfraktionen unterstützen und Kultureinrichtungen über ein neues Finanzierungskonzept im ländlichen Raum halten. Freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden sollen unterstützt werden. Das werde derzeit in mehr als 20 Gemeinden diskutiert, sagt der LINKE-Politiker. Nicht zu vergessen seien die geplanten Investitionen in den Nahverkehr, Wohnungen und Krankenhäuser, in die Vitalisierung der öffentlichen Verwaltung und deren Erreichbarkeit. »Es geht darum, gleichwertige Lebensbedingungen im ganzen Land zu verwirklichen.«
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