Verdeckte NATO-Pläne in Montenegro?

Opposition befürchtet Bau von Stützpunkten trotz Dementis von Pakt-Generalsekretär Stoltenberg

  • Elke Windisch, Dubrovnik
  • Lesedauer: 3 Min.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte die Meldung schon zu Wochenbeginn dementiert. Es gäbe keine Pläne für Truppenbasen der Allianz in Montenegro. Dafür sei nicht nur die Zustimmung der Regierung in Podgorica erforderlich, sondern ein konkreter Bauauftrag. Den indes gebe es nicht. Ähnlich äußerte sich Mittwoch auch Predrag Boskovic, der Verteidigungsminister der Adria-Republik. Mit dem Doppeldementi, sagte er in Brüssel, sei das Thema wohl vom Tisch. Ist es aber nicht. Die Opposition hatte Medien einschlägige Geheimpapiere zugespielt, darunter eine Karte sowie detaillierte Baupläne, und das Verteidigungsministerium um eine Erklärung zu den Zielen der Vorhaben gebeten. Die steht nach wie vor aus.

Schon Ende Juli hatte Milan Knežević, einer der Führer der oppositionellen Demokratischen Front, dem Nachrichtenportal Sputnik - einer der tragenden Säulen der Auslandspropaganda Russlands, von der es auch eine serbische Version gibt - ein detailverliebtes Interview zu dem brisanten Thema gegeben. Dort war von gleich zwei Truppenstützpunkten die Rede: An der Küste und in den Bergen. Beide sollen demzufolge bereits 2019 in Betrieb genommen werden. Die Flottenbasis sei nur Demonstration der Stärke. Mit Ausnahme Syriens kontrolliere die NATO seit dem Beitritt Montenegros im Juni gesamte Nord- und Ostküste des Mittelmeeres. Der Stützpunkt in den Bergen der bis zu 2.300 Meter hohen Sinjajeva dagegen sei von strategischer Bedeutung: Mit dem dort geplanten Radar könne die NATO den gesamten Westbalkan ausspähen.

Nachdem serbische Medien, darunter die Nachrichtenagentur Tanjug, das Thema entdecktem, meldeten auch montenegrinische Umweltschützer und Tourismusverbände ihre Bedenken gegen Bagger und Planierraupen an.

Teile der wildromantischen Landschaft sind Naturschutzgebiet, für den sanften Tourismus, der sich dort sein ein paar Jahren zaghaft zu etablieren beginnt, gelten strenge Auflagen.

Die NATO werde die Natur Montenegros nur als »Rohstoff« benutzen und, wenn sich die Weltlage ändert, »verbrannte Erde ohne Zukunft zurücklassen«, fürchtet Oppositionsführer Knežević. Die Dementis des montenegrinischen Verteidigungsministeriums zum Basenbau seien nur ein schwacher Versuch, »Spuren eines nationalen Verrats zu verwischen.« Gemeint ist der NATO-Beitritt im Juni. Wie es dort um die angebliche Gleichberechtigung großer und kleiner Mitglieder bestellt ist, hätte man schon beim Gipfel in Brüssel sehen können, als US-Präsident Donald Trump den montenegrinischen Regierungschef Duško Marković für das »Familienfoto« einfach aus der Bildmitte schubste. Im Falle eines Sieges bei den Wahlen im kommenden Jahr will die Opposition den Beitritt per Referendum rückgängig machen.

Als »Verzicht auf Souveränitätsrechte« und damit ebenfalls als Verrat kritisierte Knežević auch das in Arbeit befindliche Abkommen, mit dem die NATO offiziell die Kontrolle des montenegrinischen Luftraums übernimmt. De facto erfüllen Griechenland und Italien dort wie im benachbarten Albanien diese Aufgabe schon seit ein paar Jahren. Die dabei anfallenden Kosten sind durch die Mitgliedsbeiträge gedeckt. Montenegro, das nur rund 600 000 Einwohner hat, kleiner als Schleswig-Holstein und wirtschaftlich schwach auf der Brust ist, überweist nur 475 000 Euro im Jahr nach Brüssel.

Gegner und Befürworter einer NATO-Mitgliedschaft halten sich etwa die Waage. Und der Ruf der Opposition ist nicht der beste. Die Demokratische Front soll Befehls- und Soldempfängerin Moskaus sein, das gegen Montenegros NATO-Beitritt Sturm lief. Gegen mehrere Spitzenpolitiker läuft derzeit ein Prozess wegen versuchten Staatsstreichs im Oktober 2016. Ermittelt wird auch gegen Hintermänner in Russland und Serbien.

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