Das Geheimnis der ungültigen Stimmen

SPD-Kandidat siegt knapp bei OB-Wahl in Lübeck

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 2 Min.

Schleswig-Holsteins zweitgrößte Stadt hat auch weiterhin einen SPD-Bürgermeister. Bei der Stichwahl am Sonntag in Lübeck setzte sich Jan Lindenau knapp gegen die parteilose Kathrin Weiher durch, die von einem Bündnis aus CDU, Grünen, FDP, LINKEN und der Wählerinitiative Bürger für Lübeck unterstützt wurde. Am Ende entfielen auf Lindenau 50,9, auf Weiher 49,1 Prozent der Stimmen.

Zwischen dem 38-jährigen Bankkaufmann Lindenau und seiner Kontrahentin lagen laut vorläufigem amtlichen Endergebnis gerade einmal 964 Stimmen. Lindenau, bislang Fraktionsvorsitzender seiner Partei in der Lübecker Bürgerschaft, löst den jetzigen Amtsinhaber Bernd Saxe (SPD) zum 1. Mai 2018 ab. Durch seinen Wahlsieg setzt sich die sozialdemokratische Bürgermeister-Ära in der Hansestadt, die 1988 begann, nun wohl um weitere sechs Jahre fort.

Lindenau ist zugleich Historisches beschieden: Als 229. Bürgermeister der 210 000-Einwohner-Stadt ist er auch der jüngste Bürgermeister, den Lübeck je hatte. Hätte die 55-jährige Weiher die Stichwahl gewonnen, wäre sie die erste Frau in über 870 Jahren Stadtgeschichte gewesen, der der Chefposten im Rathaus zugefallen wäre.

Weiher hatte im ersten Wahldurchgang mit 35,2 gegenüber 29,5 Prozent den SPD-Kandidaten noch hinter sich gelassen. Das am Ende offenbar zu Lindenaus Gunsten ausschlaggebende Wahlthema: die Wiedereröffnung von geschlossenen Bürgerbüros zur Erledigung von Verwaltungsangelegenheiten. Weiher ist seit 2014 Kultur-, Schul- und Sportsenatorin und wird diese Ämter auch behalten.

Insgesamt 176 500 Wahlberechtigte waren zwei Wochen nach dem ersten Urnengang erneut aufgerufen, ihr Kreuzchen zu machen. Doch an der entscheidenden Abstimmung beteiligte sich nicht einmal jeder dritte Lübecker (31,9 Prozent). Für Diskussionsstoff sorgt die Tatsache, dass die Zahl der ungültig gewerteten Stimmzettel im Vergleich zum ersten Wahlgang stark anstieg - von 270 auf nunmehr 1266. Das gibt Raum für verschiedenste Spekulationen, da der Abstand zwischen den beiden Kontrahenten nur 964 Stimmen betrug.

Pikant: Vor dem zweiten Durchgang hatte der Drittplatzierte vom 5. November, der parteilose Einzelbewerber Detlev Stolzenberg, der es auf respektable 20,4 Prozent brachte und dabei offenbar reichlich Proteststimmen einsammelte, öffentlich erklärt, er werde sich zwar an der Stichwahl beteiligen, aber den Stimmzettel mit dem Schriftzug »nein danke« ungültig machen. Stolzenberg orakelte dazu: »Möglicherweise tun dies viele hundert Wählerinnen und Wähler.« Wahlhelfer berichteten am Sonntagabend, dass in den Wahlurnen tatsächlich etliche ungültige Stimmen exakt so gekennzeichnet waren. Demnach deutet einiges darauf hin, dass viele Lübecker Stolzenberg gefolgt sind, auch wenn dieser sich entschieden gegen den Vorwurf verwahrt, er habe mit Bekanntgabe seines persönlichen Stimmverhaltens dazu aufgerufen, ungültig zu stimmen.

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