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Preis für deutsche Neonazi-Groteske
»Familie Braun« holt International Emmy
Einen Jubelschrei am Podium kann sich Produzentin Beatrice Kramm am Ende einfach nicht verkneifen. Als sie und das Team der vom ZDF produzierten Mini-Serie »Familie Braun« den International Emmy entgegengenommen haben, steht ihr die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Mit der goldenen Trophäe holten die Macher der Serie um eine Neonazi-WG den wichtigsten internationalen Fernsehpreis nach Deutschland. »Familie Braun« setzte sich damit bei der Gala am Montagabend (Ortszeit) in New York gegen Konkurrenten aus Kanada, Argentinien und Brasilien durch. Weniger Glück hatte Schauspielerin Sonja Gerhardt, die für ihre Rolle in der ZDF-Serie »Ku’damm 56« in der Kategorie als beste Darstellerin nominiert war. Die 28-Jährige unterlag der Britin Anna Friel, die in der Serie »Marcella« mitspielt.
»Vielen Dank an die Jurys auf der ganzen Welt, dass sie für unser kleines Programm gestimmt haben«, sagte Kramm bei Entgegennahme der Trophäe auf der Bühne. Die humoristische Darstellung von Neonazis in »Familie Braun« sei keineswegs verharmlosend, sagte sie nach dem Sieg - im Gegenteil: »Man muss gegen Neonazismus kämpfen, wie man auch immer es kann.« Gerade mit Humor könne man bei diesem Thema sehr viele Menschen erreichen.
Die acht jeweils rund sechsminütigen Episoden von »Familie Braun« drehen sich um das Mädchen Lara (Nomie Lane Tucker), ihre eritreische Mutter (Karmela Shako) und ihren Vater Thomas Braun (Edin Hasanovic), einen Neonazi. Lara ist Ergebnis eines One-Night-Stands. Als ihre Mutter abgeschoben wird, muss der Vater sich in oft bizarren Situationen mit der dunkelhäutigen Tochter arrangieren. »Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, in fünf oder sechs Minuten komplexe Figuren zu erzählen«, sagte ZDF-Redakteurin Lucia Haslauer.
Die International Emmys sind ein Ableger des wichtigsten Fernsehpreises der Welt. Die für nicht amerikanische Produktionen vergebenen Ehrungen haben nicht den Glanz der in Los Angeles vergebenen US-Preise, sind aber trotzdem sehr begehrt. Sonja Gerhardt bezeichnete sie als »Königsklasse« und sagte, auch die Nominierung sei eine »ganz schön große Ehre«. Sie hatte mit »Ku’damm 56« in diesem Jahr bereits den Deutschen Fernsehpreis als beste Schauspielerin sowie den Bayerischen Fernsehpreis erhalten.
Mit insgesamt vier Preisen in den elf Kategorien ging Großbritannien 2017 als stärkstes Land aus der Verleihung hervor. Auch Produktionsteams aus Norwegen, Belgien, Frankreich, Kanada und der Türkei nahmen Trophäen mit nach Hause. Eine herbe Enttäuschung erlitt Brasilien, das mit neun Nominierungen in den Abend gestartet war, am Ende aber keine einzige Auszeichnung gewann. Im vergangenen Jahr waren deutsche Produktionen fünfmal nominiert gewesen. Dabei sprangen drei International Emmys heraus. dpa/nd
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