Das Raumschiff hat hart aufgesetzt

Lüneburgs Leuphana-Universität macht die Kosten für ihren Libeskind-Bau zum Geheimnis

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Pfui Deibel! Da störten doch ein paar wohl allzu nüchtern denkende Journalisten am 22. Juni 2017 die Weihe im noch nach frischer Farbe riechenden Zentralgebäude der Leuphana-Universität. Denn sie fragten mitten hinein in den bescherungsgleichen Akt: »Und was kostet das Ganze?« Klar ist bislang nur: Der futuristisch anmutende Bau im niedersächsischen Lüneburg, von vielen als »Raumschiff« bespöttelt, wird wohl viel teuer werden als geplant. Sehr viel teuer. Wobei bereits die anfangs angesetzten 58 Millionen Euro für den Renommierkomplex so manchem Niedersachsen sauer aufstießen.

Doch dabei blieb und bleibt es nicht. Immer wieder kamen - mal hier, mal da - irgendwelche Mehrkosten dazu, um das vom Stararchitekten Daniel Libeskind konzipierte »Leuphana-Raumschiff« landen zu lassen. Warum auch nicht in Lüneburg, was hat es sonst zu bieten? Eine schnulzige Fernsehserie namens »Rote Rosen«, eingebettet in eine malerische Innenstadt, ein altes Salzbergweg, in dessen Stollen mehrere Häuser zu versinken drohen. Kirchenmusiker reüssierten in Lüneburger Gotteshäusern, der SS-Obermörder Heinrich Himmler vergiftete sich in der Hansestadt. Ach, eine Universität, wenn auch nur mit gerade mal gut 10 000 Studierenden, »putzt ganz ungemein«, hätte ein Lübecker Literat mit Blick auf die kleine Salzstadt und ihr »Raumschiff« womöglich konstatiert.

Was das ungemein Putzende kostet, gekostet hat? Wir wissen es nicht. Belastbare Angaben zu den bisherigen Ausgaben werden von den zuständigen Stellen gehütet wie die Tresorkombination des Stahlportals von Fort Knox am Golddepot der USA. Und Presseleute, die bei der Einweihung des »Raumschiffs« immer wieder die Kostenfrage stellten, wurden in Lüneburg angeguckt, als würden sie den Zugangscode zum Barrenlager der Amerikaner begehren. Schließlich wurde beschwichtigt, »im Herbst« 2017 werde die Endabrechnung gewiss vorliegen. Nun, Herbstanfang war am 22. September und so langsam dürfte doch mal eine Zahl herübergereicht werden. Das dachten sich vermutlich auch die Teilnehmer eines Treffens deutscher Uni-Chefs, die dieser Tage zu ihrem Kommers in das teure Domizil eingeladen waren, das sich die Leuphana zum Ruhme hinstellen ließ. Und sie alle erfuhren - nichts! Wieder mal nichts. Zum ersten Mal war auch Niedersachsens neuer Wissenschaftsminister Björn Tümmler (CDU) dabei, aber auch er erfuhr über die Gesamtkosten (offiziell) - nichts.

Klarheit darüber, so sagte Universitätspräsident Sascha Spoon, solle es nunmehr im Laufe des kommenden Jahres geben. Sicher sei aber, dass die Kosten sich am Ende auf mehr als 100 Millionen Euro belaufen werden. Der Name Leuphana leitet sich übrigens von einer antiken Siedlung an der Elbe her, die im Weltatlas des Geografen Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert erwähnt wird.

Fest steht: Rund 87 Millionen Euro zahlt das Land Niedersachsen für das Prestigeobjekt. Aber woher kommt der Rest? Wissenschaftsminister Thümler jedenfalls stellte klar: Aus seinem Budget bekommt die Leuphana für das neue Zentralgebäude keinen Cent. Forschung und Lehre und auch andere Universitäten im Lande sollen nicht darunter leider, dass die Universität Lüneburg mit der Kreation eines Stararchitekten protzt.

Sehr nüchtern hatte der Landesrechnungshof bereits vor wenigen Monaten die Träumerei der Uni-Verantwortlichen bewertet, man könne durch Veranstaltungen im Libeskind-Bau Geld in die Kassen schaufeln. Solche Erwartungen seien »völlig überzogen«, urteilten die Geldwächter. Auch das Nutzungskonzept des Gebäudes sei »völlig überzogen« und »unrealistisch geschönt« stellte Rechnungsprüfer Lutz Bardelle seinerzeit zu den Zahlen und Annahmen der Universität fest.

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