Einsame Spitze

In der Linkspartei entrichten die Brandenburger pro Kopf den höchsten Beitrag

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit den Parteibeiträgen pro Kopf steht die märkische LINKE im Vergleich der LINKE-Landesverbände an der Spitze. Im Durchschnitt zahle jeder Genosse in Brandenburg 19,43 Euro im Monat, erzählt Landesgeschäftsführerin Anja Meyer dem »nd«. In dieser Statistik liefere sich Brandenburg schön länger ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Berlinern und habe im Moment die Nase vorn.

Dass Berlin etwas zurückgefallen sei, habe sicher damit zu tun, dass in der Metropolen mit drei großen Universitäten viele Studenten zur Partei gestoßen sind, die zunächst nur einen geringen Beitrag entrichten, bestätigt Mayer eine naheliegende Vermutung. Eine Reihe junger Mitglieder hat indes auch der brandenburgische Landesverband aufgenommen. 230 Neueintritte waren im laufenden Jahr zu verzeichnen. Gewöhnlich belief sich die jährliche Rate nur auf rund 100 Eintritte. Von den 230 Neumitgliedern sind fast die Hälfte jünger als 35 Jahre. Auch dieser Wert ist höher als üblich. 6626 Mitglieder zählte der Landesverband zum Stichtag am Jahresende 2016. Bald gibt es die neue Zahl.

2018 wird es in der Führung der der brandenburgischen Linkspartei voraussichtlich etwas hier noch nie Dagewesenes geben: die Doppelspitze. Sie wurde per Satzungsänderung ab 2018 ermöglicht. Zwar lässt die Satzung weiterhin zu, dass ein Mann oder auch eine Frau den Landesverband allein führen. Doch der jetzige Landesvorsitzende Christian Görke antwortet auf die Frage, ob es die Doppelspitze geben wird: »Davon bin ich überzeugt.« Die Vorstellung, den männlichen Part in der Doppelspitze selbst zu übernehmen, hat Görke als »reizvoll« bezeichnet. Die Suche nach der Partnerin gestaltet sich derweil nicht ganz einfach.

Dagmar Enkelmann stellte bereits vor langer Zeit klar, dass dieser Posten mit ihrer Tätigkeit als Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht vereinbar wäre. Kornelia Wehlan winkte schon vor Monaten ab. Als sie Landrätin von Teltow-Fläming wurde, wollte sie nicht zugleich Kreisvorsitzende sein - und in Personalunion Landesvorsitzende sein möchte sie nun schon gar nicht.

Bei Sozialministerin Diana Golze wäre das Problem, dass dann neben Finanzminister Görke gleich zwei Mitglieder der rot-roten Landesregierung an der Spitze der Landespartei stünden - eine Situation, die in Parteikreisen nicht als günstig empfunden wird. Zumal jetzt schon geklagt wird, Görke habe als Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident nicht ausreichend Zeit, in die Partei hinein zu wirken, sich um deren Belange umfassend zu kümmern. Außerdem ist Diana Golze nach einem schweren Unfall in ihrem Sommerurlaub gerade erst auf ihren Arbeitsplatz im Sozialministerium zurückgekehrt. Sie erledigt ihren Job zwar, als wäre nichts gewesen. Man sieht ihr die zurückliegende Strapaze aber an, da die ohnehin schon sehr schlanke Frau noch Gewicht verloren hat. Sie braucht Zeit, um sich ganz zu erholen - zumal angenommen werden darf, dass sie 2019 bei der Landtagswahl als Spitzenkandidatin gebraucht wird.

Genannt werden in Parteikreisen als Landesvorsitzende in einer Doppelspitze nun die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann und die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandré. Auch der Name von Landesgeschäftsführerin Anja Mayer fällt. Das weiß Anja Mayer alles selbst. Doch um über Personalfragen zu reden, ist es ihrer Ansicht nach zu früh. Zuerst sollten die Inhalte klar sein, meint sie. Gerade feilt sie an einem Entwurf für den Leitantrag zum Landesparteitag am 17. und 18. März im Kongresshotel Potsdam. Dort soll der Landesvorstand turnusgemäß neu gewählt werden.

Im März 2016 hatte ein Parteitag in Templin Christian Görke mit 69,3 Prozent als Landesvorsitzenden bestätigt. Er könne mit diesem Ergebnis leben, meinte er damals. Es war weder berauschend noch niederschmetternd. Dass ein Landesvorsitzender unumstritten gewesen wäre, hat es sehr lange nicht gegeben - und wie Görke notfalls zu ersetzen wäre, kann derzeit niemand sagen. Viele Genossen bedauern, dass Vizelandeschef Sebastian Walter durch seine neue Funktion als Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Ostbrandenburg als Nachfolger Görkes nicht zur Verfügung stehe. Sie hatten geglaubt und gehofft, dass er den Staffelstab irgendwann einmal übernehmen würde.

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