SPD-Linke kann sich Koalition mit der Union vorstellen

Miersch sieht große Koalition aber kritisch und wirbt für Kooperationsmodell

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Berlin. Trotz schwerer Bedenken gegen eine Neuauflage der großen Koalition lehnt der Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD im Bundestag, Matthias Miersch, eine vorzeitige Absage an ein Regierungsbündnis mit der Union ab. Den Ausschluss einer großen Koalition auf dem am Donnerstag beginnenden Parteitag würde er »für falsch halten«, sagte Miersch der Nachrichtenagentur AFP. Allerdings könne er sich vorstellen, »dass wir die Vorbehalte gegen eine erneute große Koalition in dem Beschluss noch deutlicher formulieren«.

Miersch warb für eine lockere Form der Regierungszusammenarbeit zwischen SPD und Union als Alternative zu den Optionen große Koalition, Neuwahlen und Minderheitsregierung. Der von ihm vorgeschlagene »vierte Weg« könne »eine vermittelnde Position sein zwischen den unterschiedlichen Meinungen in der Partei«, sagte der SPD-Fraktionsvize.

Nach den gescheiterten Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen hatte sich die Führung der Sozialdemokraten am Montag für »ergebnisoffene« Gespräche mit CDU und CSU über eine mögliche Zusammenarbeit bei der Regierungsbildung ausgesprochen. Der Leitantrag für den Parteitag in Berlin stellte klar, dass es »keinen Automatismus« in Richtung einer neuen großen Koalition gebe - schließt diese aber auch nicht aus.

Vor allem der linke Flügel der SPD steht einer »GroKo«-Neuauflage äußerst kritisch gegenüber. Juso-Chef Kevin Kühnert kündigte für den Parteitag einen Antrag des SPD-Nachwuchses an, mit dem die Möglichkeit einer großen Koalition ausgeschlossen werden soll.

Miersch sagte dagegen zu AFP: »Diese Option im Vorfeld auszuschließen würde ich aber auch für falsch halten, weil er diejenigen in der SPD vor den Kopf stoßen würde, die sich unter Umständen eine Fortsetzung der großen Koalition vorstellen können.« Die Partei müsse es aushalten, »dass wir erst einmal ergebnisoffen alles abklopfen«.

Der Sprecher der Parteilinken machte aber deutlich, dass er eine erneute Koalition mit der Union »für keine gute Idee« halte. »Das Grundproblem war, dass wir als monolithischer Block wahrgenommen worden sind und das Profil der SPD gelitten hat«, sagte er mit Blick auf das historisch schlechte Ergebnis der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl. »Für mich ist die wichtigste Lehre, dass wir kein starres Koalitionsgerüst eingehen dürfen.«

Miersch schwebt eine Kooperationsvereinbarung zwischen Union und SPD vor, die aus vier Kapiteln bestehen würde. »Das erste Kapitel enthält konkrete gemeinsame Projekte - zum Beispiel ein großes Investitionsprogramm für bezahlbaren Wohnraum und bessere Bildung«, sagte er. Das zweite Kapitel würde Abmachungen wie die Verabschiedung eines gemeinsamen Haushalts beinhalten, der dritte Bereich wäre ein gemeinsames Kabinett.

»Und das vierte Kapitel wäre das Zugeständnis, dass man alles, was nicht in diesem Kooperationsvertrag steht, dem Parlament überlässt«, führte Miersch fort. So könnte die SPD eigene Initiativen einbringen, ohne an Koalitionsdisziplin gebunden zu sein. Das Kooperationsmodell »würde auf der einen Seite Stabilität geben, und zugleich die Debattenkultur im Parlament auf der Suche nach wechselnden Mehrheiten stärken«, sagte er.

Für die möglichen Gespräche mit der Union hat die SPD-Spitze elf inhaltliche Kernforderungen aufgestellt, etwa die Stabilisierung des Rentenniveaus, die Einführung einer Bürgerversicherung im Gesundheitswesen sowie eine humanitäre Flüchtlingspolitik. Die Punkte seien »absolut richtig«, würden auf dem Parteitag aber noch »möglicherweise ergänzt«, sagte Miersch. »Mir liegt zum Beispiel das Thema der zukünftigen Agrarpolitik und Ernährung besonders am Herzen.« Agenturen/nd

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