Digitale Attacke

Personalie

  • Florian Haenes
  • Lesedauer: 2 Min.
Man rechnet den Posten des Generalsekretärs traditionell der »Abteilung Attacke« zu. In einer SPD, die zwar unbedingt angreifen will, aber nicht weiß, wen und vor allem warum, ist dies kein dankbares Amt. Seit Freitag bekleidet es Lars Klingbeil. Der SPD-Parteitag hat den 39-Jährigen mit mageren 70,6 Prozent der Stimmen gewählt. Seine Agenda umreißt Klingbeil wie folgt: »Was gut war, wird bleiben. Was nicht gut ist, werden wir gemeinsam verändern.«

Nun, nach Attacke klingt das nicht. Klingbeil charakterisiert sich denn auch als eher »ruhigen Typen«. Anders als Gerhard Schröder, dessen Wahlkreismitarbeiter Klingbeil früher war, läuft er nach eigener Aussage nicht »breitbeinig durch Berlin« oder ist »ständig auf Testosteron«. Im Gegenteil. In einer Dokumentation des NDR offenbarte Klingbeil, sich eine gewisse Zurückhaltung antrainiert zu haben. Denn: »Ein falscher Satz, und du wirst geprügelt.«

Der aus Munster bei Hannover stammende Klingbeil war 2005 für wenige Monate in den Bundestag nachgerückt, nachdem sein Vorgänger wegen einer Gehaltsaffäre zurücktreten musste. Aus dem Intermezzo zieht er, damals noch Rockmusiker, die Lehre, sich die langen Haare abzuschneiden und seine Piercings zu entfernen. Vier Jahre später zieht Klingbeil wieder in den Bundestag ein, diesmal aber in uniformer Erscheinung. Die SPD-Fraktion macht ihn zum netzpolitischen Sprecher, Klingbeil fordert Asyl für Edward Snowden und wendet sich gegen die Vorratsdatenspeicherung. Doch nach Eintritt der SPD in die Große Koalition profilieren sich andere Netzpolitiker. Der Abgeordnete Klingbeil bleibt ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.

Nun also ist er Generalsekretär. Zu Inhalten äußerte sich Klingbeil, der zum pragmatischen Flügel gehört, bislang nicht. Es heißt aber, er plane die SPD von einer Gremien- in eine Digitalpartei umzubauen, ganz nach dem Vorbild der Bewegung »EnMarche« von Emmanuel Macron. Eine politische Attacke im klassischen Sinn ist das nicht. Doch für die Traditionspartei SPD wäre dies eine historische Zäsur.

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