Jebsen sagt Teilnahme an Preisverleihung ab

Umkreis des Journalisten verkündet: Jebsen verzichtet auf »Karls-Preis« wegen Streits mit Veranstaltern / Babylon erteilt umstrittenem britischen Musiker Hausverbot

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 4 Min.
Debatte um Ken Jebsen – Jebsen sagt Teilnahme an Preisverleihung ab

Die »Neue Rheinische Zeitung« hat die Verleihung ihres »Karls-Preises für engagierte Literatur und Publizistik« vor Gericht durchgekämpft, die LINKE hat sich deswegen gestritten – und jetzt will der umstrittene Journalist Ken Jebsen den Preis gar nicht mehr haben? Das erklären das Jebsen-nahe Online-Magazin »Rubikon« und der Sänger Florian Ernst Kirner, der ebenfalls auf der Veranstaltung auftreten sollte. Hintergrund der Absage könnte ein Hausverbot sein, das das Berliner Kino Babylon – der Veranstaltungsort – nach Informationen des »Tagesspiegel« gegen den umstrittenen Musiker Gilad Atzmon erteilte.

»Jetzt ist es offiziell«, schreibt Kirner am Donnerstagmittag auf seinem Facebook-Account: »Ken Jebsen sagt die Teilnahme an der Preisverleihung ab. Gott sei Dank!!« Konkrete Gründe für die Absage des Medienmachers bleiben nebulös. »Dieser Preis war leider ein vergiftetes Geschenk«, schreibt Kirner weiter. »Es hätte lediglich den Preisverleihern genutzt und leider wurde immer deutlicher, dass es auch nur darum ging. Dem Preisträger hätte diese Veranstaltung dagegen vernichtenden Schaden zugefügt.« Ken Jebsen habe »die ihm gestellte Falle gerade noch rechtzeitig erkannt«. Die für Donnerstagnachmittag angekündigte Kundgebung zur Unterstützung Jebsens auf dem Rosa-Luxemburg-Platz finde trotzdem statt, Jebsen werde dort sprechen.

Bereits am Mittwoch hatte das Online-Magazin »Rubikon« Jebsens Absage der Teilnahme angekündigt – auch hier wird nur indirekt auf einen »Streit« über die Frage verwiesen, »wer kommen darf und wer nicht«. Auf Twitter schrieb der Schriftsteller Leander Sukov, die Auseinandersetzung drehe sich um den für das Kulturprogramm der Verleihung eingeladenen britischen, in Israel geborenen Jazzmusiker Atzmon, der laut seinen Kritikern mehrfach den Holocaust relativierte. Ken Jebsen selbst äußerte sich bislang nicht auf seiner Seite.

Schon im Vorfeld hatte die geplante Preisverleihung für viel Diskussion gesorgt. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) hatte gegen sie interveniert, weil er darin einen »Jahrmarkt der Verschwörungsgläubigen und Aluhüte« sieht. Daraufhin wurde dem Senator »Zensur« vorgeworfen. Die Entscheidung Jebsens, seine Teilnahme abzusagen, deutet Lederer auf Twitter als späte Einsicht: »Aber das bedeutet doch, dass und Kirner mir da - von sich selbst mal abgesehen - Recht geben?«, schreibt der Kultursenatur. »Die Recherche zu Atzmon & Freunden fiel wohl aus, weil sie zu sehr mit der Shitstorm-Organisation beschäftigt waren? Oder weil Recherche sowieso nicht so deren Ding ist?«

Das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte nach der Absage der Preisverleihung befunden, der Mietvertrag für die Preisverleihung in dem vom Senat subventionierten Kino habe rechtlichen Bestand. Unterstützer Jebsens wollen sich weiterhin um 16 Uhr zu einer »Demonstration für Presse- und Meinungsfreiheit« versammeln. Angekündigt ist auch eine Gegendemo »Klare Kante gegen Querfront«. Unter diesem Motto hatte der Vorstand der Linkspartei beschlossen, Mitgliedern von der Teilnahme an der Kundgebung für Jebsen abzuraten – mit 18 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen.

Unter anderem waren die LINKE-Politiker Diether Dehm und Wolfgang Gehrcke als Teilnehmer angekündigt. Die »Frankfurter Rundschau« kritisierte die geplante Teilnahme Dehms in einem Kommentar: »Sollten Juden eines Tages wieder gezwungen werden, mit einem gelben Stern durch die Straßen zu laufen, könnte Dehm darin keinen Antisemitismus erkennen«, schreibt der Autor Christian Bommarius unter anderem. Wolfgang Gehrcke kritisierte daraufhin öffentlich, Dehm werde in diesem Artikel »zum Freiwild erklärt« und wirft der »Frankfurter Rundschau« Hetze vor.

Verliehen werden sollte der umstrittene Preis vom Internetblog »NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung«, das eng verflochten ist mit dem Verein Arbeiterfotografie e.V. und dessen Website. Beide Plattformen werden maßgeblich von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann betrieben und stehen in der Kritik, in politischen Auseinandersetzungen, etwa bei Debatten über Friedensdemonstrationen, Argumentationslinien von links und rechts zu verwischen.

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