Andrej Babis wirbt um Vertrauen im Parlament
Die neue Minderheitsregierung in Tschechien wandelt auf einem schmalen Grat
Tschechien hat seit Mitte dieser Woche eine neue Regierung. Staatspräsident Milos Zeman vereidigte am Mittwoch das Ein-Parteien-Kabinett des Agro- und Medienmilliardärs Andrej Babis. Sowohl der Ministerpräsident als auch seine 14 Minister kommen aus der Bewegung unzufriedener Bürger ANO - nun wird sich zeigen müssen, ob sie mit ihrer Politik mehr Zufriedenheit ins Land und vor allem wem bringen wollen.
Bereits im Vorfeld hatte Babis angekündigt, den Staat wie ein Unternehmen führen zu wollen. Der deutlich wirtschaftsorientierte ANO-Chef dürfte damit die Interessen der industriellen Führungsschichten bedienen. Ob das Gros der Bevölkerung ebenfalls von der Politik der neuen Regierung in Prag profitieren wird, muss sich erst erweisen. Doch bis dahin muss das Kabinett selbst noch einige Hürden überspringen, denn ANO besitzt nicht die parlamentarische Mehrheit, um ungestört regieren zu können. Bis Mitte Februar hat Babis nun Zeit, um das Vertrauen der übrigen Abgeordneten des Parlaments zu werben.
Dies will er vor allem mit einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Tschechiens erreichen. Wie bereits im Wahlkampf versprochen, soll das Infrastrukturnetz - vor allem die Autobahnen - ausgebaut werden. Wirtschaftlichen Erfolg verspricht sich der neue Premier auch durch die Ausbeutung der heimischen Lithium-Vorräte.
Das für die Herstellung künftiger Hochleistungsbatterien begehrte Metall wurde im östlichen Erzgebirge gefunden. Es handelt sich um Europas größter Lagerstätte. Bislang bewerben sich US-amerikanische und australische Firmen um den Abbau.
Babis hingegen will, dass das einheimische staatliche Unternehmen Diamo den Zuschlag bekommt. Es war bislang im Uranabbau aktiv und könnte sich nun auf das »weiße Gold« spezialisieren, wie Lithium auch genannt wird. Mit der Bevorzugung einer einheimischen Firma könnte die Regierung Babis die Zustimmung der sozialdemokratischen und kommunistischen Fraktion finden, da mit dem Projekt auch die Schaffung neuer Arbeitsstellen verbunden ist.
Wenige Stunden nach seiner Vereidigung trifft Andrej Babis bei seinem ersten außenpolitischen Termin die drei Kollegen der Visegrad-Gruppe (V4). Mit dem ANO-Chef an der Spitze der neuen tschechischen Regierung ist die Front der V4 gegen eine Flüchtlingszuwanderung im Rahmen der Europäischen Union noch gefestigter als zuvor.
Noch vor dem EU-Gipfel in Brüssel haben sich die vier Regierungschefs mit dem italienischen Premier Paolo Gentiloni und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker getroffen. Dort gaben sie bekannt, dass die Visegrad-Staaten 35 Millionen Euro für die Grenzsicherung zu Libyen investieren wollen.
»Die Beschlüsse über die Zuwanderung sehe ich als sinnlos an, weil sie nicht das Problem der illegalen Einwanderung lösen«, hatte Babis schon zuvor erklärt. »Sie werfen ein schlechtes Licht auf das Image Europas, und ich hoffe, dass sich diese Fehler in Zukunft nicht wiederholen werden«. Die Erklärung dürfte den Beifall seiner ungarischen und polnischen Amtskollegen finden und die Verhandlungen mit den übrigen EU-Mitgliedstaaten erschweren.
Könnte die Bevorzugung der einheimischen Industrie auf der einen Seite durchaus den Beifall der Abgeordneten aus anderen Fraktionen finden, so dürfte sich eine solche Politik andererseits jedoch für den außenpolitischen Kurs des neuen Kabinetts als etwas schwieriger erweisen. Die Regierung Babis wird auch da auf einem schmalen Grad wandeln. Noch ist ihr die Unterstützung von Präsident Milos Zeman sicher; doch im März 2018 stehen Wahlen für das Amt des Staatsoberhaupts an. Und ob sich der politisch robuste Zeman dann erneut durchsetzen kann, ist noch völlig offen.
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