Mit den Brexit-Verhandlungen kann es weitergehen

Briten, Verteidigung und das Soziale halten eine in vielen Fragen gespaltene Europäische Union beim Gipfeltreffen zusammen

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

Erwartungsgemäß haben die EU-Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel grünes Licht für den Eintritt in Phase zwei der Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der Union gegeben. »Der Europäische Rat hat ausreichenden Fortschritt festgestellt«, twitterte EU-Ratspräsident Donald Tusk kurz nach Mittag. »Phase zwei kann beginnen«, sagte wenig später Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. »Aber damit beginnt ein noch härteres Stück Arbeit, als wir es bisher hatten«, fügte Merkel hinzu.

Die EU-Einrichtungen werden sich ab sofort mit der Vorbereitung dieser zweiten Verhandlungsphase beschäftigen. In ihr wird es um die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien gehen. Im Zentrum werden dabei die Handelsbeziehungen stehen. Noch bis Weihnachten will die EU-Kommission erste Richtlinien für die anstehenden Gespräche ausarbeiten. Der EU-Rat soll diese Vorschläge dann im Januar bearbeiten und beschließen. Die EU Staats- und Regierungschefs wollen sich auf ihrem nächsten Gipfeltreffen im März darüber austauschen, wie die Gespräche angelaufen sind. Erste Ziele wurden schon bekannt: Großbritannien will wohl nach dem Austritt aus der EU eine zweijährige Übergangszeit erhalten, während der die bisherigen Regeln des EU-Binnenmarktes noch weiter gelten. Erst danach sollen die Regelungen in Kraft treten, die in der kommenden Verhandlungsphase auszuarbeiten sind. Die EU gab sich in den noch am Freitag veröffentlichten »Richtlinien« des Gipfels für die weiteren Gespräche offen für so eine Lösung.

Vor der Brexit-Entscheidung hatten sich die Gipfelteilnehmer über die weiteren Reformen der Wirtschafts- und Währungsunion ausgetauscht. Wie auch hier zu erwarten, gab es keine Entscheidungen. Trotzdem überraschte Merkel mit der Ankündigung, dass Deutschland mit Frankreich eine Angleichung der Positionen bezüglich der Reformschritte plane. Überraschend war das deshalb, weil gerade Merkels CDU als auch die CSU den Reformplänen von Macron mit einem Euro-Finanzminister und einem gemeinsamen Euro-Haushalt ablehnend gegenüberstehen. Außerdem ist immer noch nicht klar, wie die künftige Regierung in Deutschland aussehen soll. Doch anscheinend will Merkel den Ratschlägen von Mario Draghi folgen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank hatte den Gipfelteilnehmern geraten, die aktuell gute Konjunktur in der EU zur Umsetzung von Reformvorhaben zu nutzen.

Schon am Donnerstag hatten die Gipfelteilnehmer die Schaffung der »Struktur zur Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung« (Pesco) mit einem Familienfoto gefeiert. »Ein Riesenschritt«, wie Merkel das nannte. 25 EU-Staaten beteiligen sich an Pesco, 17 erste Projekte sollen im Verlauf des kommenden Jahres auf den Weg gebracht werden.

Die Sanktionen gegen Russland wegen der weiterhin angespannten Lage in der Ukraine wurden wieder einmal verlängert, viele grundsätzliche Projekte in der Sozial-, Bildungs- und Kulturpolitik von allen 28 EU-Mitgliedstaaten gutgeheißen. Das europäische Austauschprogramm Erasmus+ zum Beispiel soll erweitert werden, bis 2024 ein Netz von »etwa 20 Europäischen Hochschulen« gebildet sein, in dem Studierende einen einheitlichen Hochschulabschluss absolvieren können.

Neben der Frage nach der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten bleiben die Gipfelteilnehmer auch in der Jerusalem-Frage uneins. Hier blockiert vor allem Ungarn eine gemeinsame Verurteilung der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump. Tschechien hatte sich ebenfalls gegen eine Verurteilung gestellt. Der Gipfel brachte hier keine Annäherung.

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