Ausgebooteter Stellvertreter

Personalie

  • Ian King
  • Lesedauer: 2 Min.
Damian Green, »Erster Staatssekretär« und damit Stellvertreter der britischen Premierministerin Theresa May, wurde am Mittwoch vor Weihnachten entlassen. Eine Mischung von Grapscher- und Porno-Geschichten sowie wiederholten Lügen darüber führte zum blauen Brief. Damit verlässt nach Michael Fallon und Priti Patel ein dritter Minister innerhalb von sechs Wochen Mays Kabinett.

Der 61-jährige Green, mit May seit gemeinsamen Studienzeiten befreundet, soll 2015 bei einem privaten Treffen der Journalistin und Tory-Aktivistin Kate Maltby ans Knie gefasst und ihr zugeflüstert haben, seine Frau sei »sehr verständnisvoll«. Maltby behauptet, den Kontakt abgebrochen, aber später anzügliche SMS von Green erhalten zu haben. 2008 hatte eine Polizeiuntersuchung in Greens Abgeordnetenbüro Hunderte von Pornovideos auf dem PC entdeckt, deren Existenz er erfolglos bestritt. Entlastungsangriffe von Greens Freunden gegen Maltbys Charakter sowie Vorwürfe gegen die Polizisten gingen ins Leere. Eine offizielle Untersuchung durch Sue Gray, Ethik-Beraterin des Kabinetts, fand Maltbys Erklärung plausibel und Greens Lügen über die Pornos nicht akzeptabel: Er musste gehen.

Dabei gilt der Waliser Green, seit 1997 im Unterhaus, eher als graue Eminenz denn als Publikumsliebling. Der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium wurde als fleißiger Vertrauter von May zum Arbeitsminister befördert, wurde dann ihr Stellvertreter, ein gewissermaßen spurloser Aufstieg ohne Höhepunkte, der auf seine absolute Loyalität zurückging. Jetzt wird ein neuer Vorsitzender des Kabinettskomitees gesucht.

Wie alle Minister akzeptierte Green das Ergebnis der Volksabstimmung über den EU-Austritt, wollte aber einen möglichst sanften Brexit mit engen Beziehungen zur EU auch nach 2019. So gesehen stärkt Greens Weggang die Lage von Boris Johnson und den rabiaten EU-Gegnern. Und wie BBC-Korrespondentin Laura Kuenssberg orakelt: Um Theresa May wird es immer einsamer.

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