Ist AfD-Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl 2019 möglich?

Kandidaten von Rechtsaußen mit Aussicht auf sechs von 14 brandenburgischen Landkreisen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir schließen eine Zusammenarbeit mit der AfD aus«, sagt Ministerpräsident Dietmar Woidke. »Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Das gilt auch für die kommunale Ebene.« Woidke spricht für die SPD, deren Landesvorsitzender er ist.

Am 22. April 2018 sollen in sechs von 14 brandenburgischen Landkreisen die Landräte gewählt werden. Angesichts der Ergebnisse der AfD bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 scheint es nicht ausgeschlossen, dass AfD-Kandidaten dabei Chancen haben könnten.

Woidke kann sich zwar nicht vorstellen, dass ein AfD-Bewerber tatsächlich Landrat wird. Aber wenn es doch geschehen sollte, dann wäre keineswegs die SPD, wohl aber die rot-rote Landesregierung »zur Neutralität verpflichtet«. Sie müsste mit dem AfD-Landrat und seiner Kreisverwaltung sachlich zusammenarbeiten, »aber nicht über das notwendige Maß hinaus«, wie Ministerpräsident Woidke unterstreicht.

Dergleichen Fragen stellen sich, da zuletzt geargwöhnt wurde, der CDU-Landesvorsitzende Ingo Senftleben schließe eine Koalition seiner Partei mit der AfD nach der Landtagswahl 2019 nicht mehr aus. »Wir sind inzwischen auf Augenhöhe mit der SPD. Wann gab es das jemals in Brandenburg? Es ist jetzt möglich, dass es einen Regierungswechsel gibt hin zu einer Regierung ohne SPD-Beteiligung«, hatte Senftleben in einem Interview der »Märkischen Allgemeinen« gesagt.

Doch obzwar es für die CDU theoretisch verschiedene Möglichkeiten gibt, eine Regierung vorbei an der SPD zu bilden, gibt es keine Variante, dies ohne eine Einbeziehung entweder der Linkspartei oder der AfD hinzubekommen. Alles andere geben die Kräfteverhältnisse nicht ansatzweise her. Da die CDU im Landtag kürzlich einmütig einem AfD-Antrag zustimmte, was als Tabubruch empfunden wurde, liegt eine Vermutung nahe, wohin die Reise gehen könnte. Das sind zwar lediglich Spekulationen. Doch allein schon die Vorstellung wertet die AfD auf.

Gemessen an ihren Zustimmungswerten, ist die AfD im zu Ende gehenden Jahr allerdings auf der Stelle getreten. Sie verharrte bei 18 bis 20 Prozent. Dieses Niveau hatte der Landesverband bereits im Frühjahr vergangenen Jahres erreicht. Der Aufstieg erfolgte in zwei Phasen. Wen würden sie ankreuzen, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre? So oder so ähnlich lautet die Standardfrage der Meinungsforschungsinstitute. Erstmals gesondert ausgewiesen wurde die AfD im Sommer 2013, als sie in den meisten Umfragen auf drei Prozent der Stimmen kam. 2014 ging es hoch auf bis zu 9,5 Prozent, prognostiziert kurz vor der Landtagswahl am 14. September. Es zeigte sich damals, dass die Partei damit unterbewertet war. Denn tatsächlich erreichte sie 12,2 Prozent der Stimmen.

Im Laufe ihres ersten Jahres im Landtag sackte die AfD ab auf bis zu sieben Prozent. Das Thema Euro zog nicht mehr. Die Partei schien am Ende. Dann profitierte die AfD zeitversetzt davon, dass viele Flüchtlinge ankamen. Sie schlug Kapital aus Sorgen und aus Terrorängsten in Teilen der Bevölkerung. Innerhalb eines halben Jahres kletterten ihre Umfragewerte auf 19 Prozent - und auf dem Niveau sind sie geblieben, obwohl durch die Schließung der Balkanroute und ein immer eingeschränkteres Asylrecht inzwischen kaum noch Flüchtlinge in Brandenburg eintreffen. Die von der AfD bei der Bundestagswahl 2017 in Brandenburg erzielten 20,2 Prozent konnten insofern keine Überraschung mehr sein.

Mit fünf Bundestagsabgeordneten bekam die AfD personelle und materielle Ressourcen und damit eine Gelegenheit, sich im Laufe von vier Jahren in der Fläche des Bundeslandes zu verankern. Sie ist nun nicht mehr so leicht loszuwerden. Denn anders als Landtagsabgeordnete, deren Bezüge lediglich für einen akademisch gebildeten und nach Tarif entlohnten Wahlkreismitarbeiter in Vollzeit ausreichen, verfügen Bundestagsabgeordnete über Mittel für ein großes Team und mehrere Büros.

Was ein Erfolg bei Bundestagswahlen für die Landespolitik bedeuten kann, zeigte sich schon bei der CDU. Die Christdemokraten hatten früher im sozialdemokratisch dominierten Brandenburg nur in einem begrenzten Raum an der Grenze zu Sachsen etwas zu melden. Ansonsten waren sie ziemlich schwach. Dass die CDU 2013 neun von zehn brandenburgischen Bundestagswahlkreisen gewann, hat ihre Position im Land nachhaltig gestärkt. Sie konnte ihren Erfolg bei der Bundestagswahl 2017 wiederholen.

Wenn er begründet, warum er die umstrittene Kreisgebietsreform abgesagt hat, kommt Ministerpräsident Woidke auch auf die politische Situation - »in Klammern AfD« - zu sprechen. So weit ist es schon.

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