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  • Schnellschach-WM in Saudi-Arabien

Keine Einreise für Israelis

Bei der Schnellschach-WM in Saudi-Arabien dürfen die Frauen unverschleiert spielen, in Sachen Visa für Israelis macht das Königshaus indes keine Ausnahme

  • Benno Schwinghammer, Riad
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Kontrahentinnen sitzen sich schweigend gegenüber, die Blicke fest nach unten auf das Brett gerichtet. Eine Szene, wie sie typisch für eine Schachweltmeisterschaft ist. Doch diese hier findet in Saudi-Arabien statt. In einem Land, in dem Frauen eigentlich verhüllende Gewänder tragen müssen. Doch hier - das zeigen Fotos der Veranstaltung - sitzen sie: zwei Frauen in Blazern, Blusen oder T-Shirts: Schach spielend, mitten in Riad.

Als »historische Einigung« hatte es der Weltverband FIDE kurz vor diesen Schnell- und Blitzschach-Weltmeisterschaften vom 26. bis 30. Dezember noch bezeichnet, dass sich die Spielerinnen nicht den Bekleidungsvorschriften in dem erzkonservativen muslimischen Land beugen müssen.

Nun ist es so, dass der gesellschaftliche Fortschritt im - nicht nur Frauenrechte betreffend - rückständigen Königreich mehr und mehr an Fahrt aufnimmt: Der Besuch von Kinos wird ihnen wieder erlaubt, Frauen dürfen bald Auto fahren und können sich auch auf der Straße viel selbstverständlicher bewegen, als im Westen angenommen. Doch tun sie das eigentlich immer in der Abaja, dem traditionellen Gewand.

Die Ausnahme, die sonst bei Staatsbesuchen wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel gemacht wurde, bekommt auch bei der ersten Schach-WM in Saudi-Arabien große Aufmerksamkeit. Es ist ein weiterer Schritt des Kronprinzen Mohammed bin Salman, um die Gesellschaft seines Landes zu erneuern - gegen religiöse Widerstände. Schließlich hatte der Großmufti des Landes Schach noch 2016 als »verboten« bezeichnet.

Dass der Erneuerungswille der Saudis aber noch enge Grenzen hat, zeigt sich auf diplomatischer Ebene. 236 Spielerinnen und Spieler aus 70 Ländern nehmen teil - unter ihnen der norwegische Weltmeister Magnus Carlsen und der russische WM-Finalist Sergej Karjakin. Es hätten 71 Staaten sein können, wenn Riad die israelische Delegation akzeptiert hätte. Nun aber überschattet die Entscheidung, den Spielerinnen und Spielern aus dem Heiligen Land keine Visa zu erteilen, die Hochglanz-Show der Scheichs. »Wir wollen einen Ausgleich für unsere Spieler für die Tatsache, dass sie professionell benachteiligt wurden«, forderte der Sprecher des israelischen Schachverbands, Lior Aizenberg. Internationale Turniere zu veranstalten, ohne dass alle Spieler antreten könnten, sei »nicht akzeptabel für uns«.

Und der faktische Ausschluss Israels war nicht der einzige Aufreger: Denn die Weltmeisterin im Schnell- und Blitzschach, Anna Musitschuk, übrigens auch Siegerin der nd-Damenschachgala 2008, wollte die Reise nach Riad ebenfalls nicht antreten. »Ich werde meine Titel verlieren«, schrieb die Ukrainerin auf Facebook, »weil ich mich dagegen entschied, irgendwo eine Abaja zu tragen, bei einem Spaziergang begleitet zu werden und mich auch sonst als Mensch zweiter Klasse zu fühlen.«

Hätte man die Beteiligung der Israelis nicht sicherstellen können, bevor Saudi-Arabien den Zuschlag für die WM bekam? Hat man sich - vielleicht auch wegen des Rekordpreisgelds von zwei Millionen US-Dollar - vor den PR-Karren der Saudis spannen lassen? Diesen Fragen und Vorwürfen muss sich der Weltverband nun stellen. dpa/nd

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